Kritik zu Das Streben nach Perfektion
In diesem Dokumentarfilm werden vier japanische Spitzenköche, ihre Kreationen und ihre Philosophie vorgestellt
Wenn filmisch ein Thema eine sichere Bank darstellt, dann ist es das Kochen. Einer der schönsten Filme über gutes Essen ist der japanische Klassiker »Tampopo« von 1985, um dessen roten Faden, das Rezept der köstlichsten Ramen-Nudelsuppe, sich ein herzallerliebstes Gemenschel rankte. Zwar sind Kochfilme oft französisch geprägt, siehe etwa »Babettes Fest«, doch seit geraumer Zeit lässt sich ein kulinarischer Paradigmenwechsel von der französischen zur japanischen Küche ausmachen. Dass beide Esskulturen gut harmonieren, bewies etwa Gérard Depardieu als ausgebrannter Starkoch, der in »Der Geschmack der kleinen Dinge« (2022) in einer japanischen Nudelküche neue Inspiration findet. Unter den Küchenchefs, die in »Das Streben nach Perfektion« vorgestellt werden, befindet sich denn auch mit Yosuke Suga, der in seinen Restaurants französisch-japanische Haute Cuisine präsentiert, ein Schüler von Joël Robuchon. Daneben werden vorgestellt: der Sushi-Meister Takaaki Sugita, der einstige Karatesportler Takemasa Shinohara, Star der sogenannten Kaiseki-Küche, und Natsuko Shoji, die sich von einer Obstkuchenbäckerin zur Betreiberin eines exklusiven Wohnzimmerrestaurants entwickelte.
Im Fokus steht neben der Zeitlupenbeobachtung des virtuosen Handwerks die jeweilige, vielleicht nur angedichtete, Philosophie der Spitzenköche. Garniert mit weihevoller Wagnermusik, Geplapper von US-Foodjournalisten und leicht übergriffigen Streiflichtern auf familiäre Hintergründe, sind die Porträts von Mensch und Menü von der durch zahlreiche Kochserien bekannten Küchenpsychologie durchtränkt. Durch diese filmische Inszenierung wird den Kochkünstlern mit ihrer Kreativität, ihrem Perfektionismus, dem Streben nach hochwertigsten Produkten und der Liebe zur Ästhetik ein leicht manischer Charakter unterstellt.
Wo doch das Zen des Kochens selbst, aber auch der Blick auf eigentümliches Meeresgetier, das mit anderen alienhaften Dingen in Brühen schwimmt, schon spannend genug ist. Das gilt besonders für die mehrgängigen Kaiseki-Gerichte, in denen der Koch aus reinem Spaß an der Freud' mit Pinzetten Kunstwerke auf dem Teller anrichtet, deren Bestandteile etwa die jeweilige Jahreszeit symbolisieren sollen.
Man befindet sich hier nicht im Street-Food-Paradies von »Tampopo«, sondern in einer Sphäre verfeinerter Esskultur, deren Nachteil allerdings darin besteht, dass das Essen kalt zu werden droht, weil die Gäste öfter knipsen, als zu Stäbchen und Gabel zu greifen. Doch wenn schon Foodporn, dann richtig: Bei manch kulinarischer Augenweide und manchem Kniff hätte man, gerade als uneingeweihter Westler, gern länger verweilt. Das gilt auch für die Ausflüge ins Umland, wo die Köche ihren Lieferanten, die sie mit den knackigsten Lotuswurzeln, dem saftigsten Thunfisch versorgen, über die Schulter schauen. So schön bebildert der Film ist, so fehlt ihm doch ein wenig »Umami« und handfeste Sinnlichkeit, weil die Optik der Kreationen stets wichtiger scheint als der Versuch, ihren Geschmack zu vermitteln.
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