Kritik zu Parked – Gestrandet
»My home is my . . . car« heißt es für Colm Meaney, der in Darragh Byrnes Regiedebüt einen aus der Zeit gefallenen Uhrmacher spielt, dem in der Zwickmühle von Arbeits- und Obdachlosigkeit das Auto als letzte Heimstatt geblieben ist
Über einen prächtigen Meeresblick verfügt dieses Ein-Raum-Apartment, allerdings sind im Herbst die Scheiben oft beschlagen. Es gibt frisches Wasser und viele nützliche Gegenstände des täglichen Bedarfs – jedoch nur im Kofferraum. Die »Wohnung« nämlich hat vier Räder und ist eigentlich ein in die Jahre gekommener Mazda 626. Fred Daly (Colm Meaney) wohnt und schläft darin, rasiert und wäscht sich, trinkt Kaffee und wartet auf bessere Zeiten. Kurz vor dem Rentenalter ist er komplett aus dem System gefallen. Ohne Wohnung keine Arbeit, ohne Arbeit keine Wohnung – so lässt sich der Teufelskreis beschreiben, in dem er sich befindet. Und alles, was ihm bleibt auf seinem Parkplatz an der Dubliner Küste, ist der Wille, nicht aufzugeben und die eigene Würde zu bewahren.
Ein Sozialdrama also, eine kleine Geschichte von ganz unten. Darragh Byrne, ein irischer Dokumentarfilmer, der hier im Spielfilm debütiert, erzählt sie ganz leise und unspektakulär. Einerseits handelt sie von der Improvisationskunst ihres Protagonisten, von den vielen kleinen Tricks und Kniffen, mit denen man auch mittellos überleben kann. Andererseits erhebt sie ganz offen Anklage gegen die Missstände einer Gesellschaft, die es sich immer weniger leisten kann oder will, ihre Schwächsten zu unterstützen, die Gefallenen aufzufangen. Byrne legt großen Wert darauf, Freds »Unschuld« nachzuweisen: Jahrelang hat der sich in England als Uhrmacher und in anderen Jobs durchgeschlagen, rechtschaffen und anständig, aber ohne dabei nennenswerte Rücklagen zu bilden. Dieser Mann, das suggeriert der Film insbesondere in den deprimierenden Sozialamt-Szenen, kann schließlich nichts dafür, dass in seiner Heimat nichts und niemand auf ihn gewartet hat.
Irgendwann bekommt Fred einen neuen Nachbarn: Der junge Cathal (Colin Morgan) ist mit seinem nervösen Junkie-Gebaren das genaue Gegenteil von Fred – und bringt damit eben jene Portion Chaos und Verrücktheit mit, die dem Alten in seiner krampfhaften Ordnungsliebe eigentlich fehlt. Zögerlich entwickelt sich eine unwahrscheinliche Freundschaft zwischen den beiden ungleichen Männern, woraus sich erwartbar schräge und maßvoll komische Situationen ergeben, ein bisschen Trainspotting light sozusagen, außerdem eine Spur Hoffnung auf gegenseitige Entwicklungshilfe.
Aber Parked deutet schon in der ersten Szene, wenn Freds Wagen von einem Abschleppwagen brachial in die Luft gehoben wird, auf die Vergeblichkeit aller Hoffnung hin. Zumindest für Cathal kann es auf Dauer keine Rettung geben, zu tief ist er verstrickt in ein Netz aus Abhängigkeit und Gewalt.
Byrne und sein Kameramann John Conroy verleihen ihrem Film einen modernen digitalen Look. Die Kamera erzählt vorwiegend in extremen Close-ups und scheint stets auf der Suche nach der Schärfe zu sein. Das ist ein gangbarer Weg, um von den Beschränkungen eines limitierten Budgets abzulenken, und irgendwie passt diese Ästhetik auch zur Story: Es ist ein reduktionistischer, roher, fragmentarischer Stil, dem etwas Vorläufiges und Unfertiges anhaftet
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