Kritik zu Butter on the Latch / Thou Wast Mild Lovely

© Arsenal Filmdistribution

2013
Original-Titel: 
Butter on the Latch / Thou Wast Mild Lovely
Filmstart in Deutschland: 
16.10.2014
L: 
72 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Im Forum der Berlinale 2014 sorgte die amerikanische Independentregisseurin Josephine Decker mit zwei sehr eigenwilligen Dreiecksgeschichten für Aufsehen

Bewertung: 3
Leserbewertung
3.5
3.5 (Stimmen: 2)

An Selbstvertrauen mangelt es Josephine Decker jedenfalls nicht. In ihren fast ohne Budget gedrehten Independentproduktionen versucht die junge Amerikanerin nichts weniger, als eine neue Filmsprache zu erfinden – sie macht ein flirrendes, ruheloses, abstraktes und doch sinnliches Kino mit ganz eigenen Bildern und Bilderfolgen. Vieles daran wirkt noch unfertig und unausgereift, doch eine interessante neue Stimme ist Decker allemal. Manches in ihren Filmen erinnert an Terrence Malick: der meditative Blick auf die Natur, der Sinn für Landschaft und Landwirtschaft. Aber wo Malick nach dem Göttlichen strebt, da ist Decker mit dem Teufel im Bunde. Ihre Geschichten kreisen um finstere Zentren, tauchen in schreckliche Abgründe, nähern sich den Dingen allerdings nur atmosphärisch an, ohne sie konkret zu benennen. Äußerlich stille Dramen, sind sie im Kern eigenartige Horrorfilme, die das Grauen immer nur ganz kurz aufblitzen lassen.

Butter on the Latch und Thou Wast Mild and Lovely liefen in diesem Jahr gewissermaßen als »Doppel-Decker« im Forum der Berlinale. Es sind die ersten Langfilme der Regisseurin, die zuvor diverse Kurzfilme gedreht und in anderen Indies als Schauspielerin mitgewirkt hat. Beide erzählen Dreiecksgeschichten: Butter on the Latch schildert das Wiedersehen zweier Freundinnen bei einem Workshop für Balkanmusik in Kalifornien. Nach anfänglich intensiven Begegnungen verlieren sie sich bald aus den Augen – und vergucken sich in denselben jungen Burschen. Thou Wast Mild and Lovely spielt im ländlichen Kentucky und zelebriert die erotische Spannung zwischen einer Farmerstochter und einem verheirateten Hilfsarbeiter – argwöhnisch beobachtet vom alten Farmer, der selbst ein irgendwie schmutziges Interesse an seiner Tochter zu haben scheint.

In beiden Filmen kultiviert Decker einen Stil des Nichtzeigens. Das gilt gleichermaßen für die Handkamerakompositionen, in denen sich der Bildinhalt oft quälend lange in Unschärfen verliert oder regelrecht aus der Kadrage entgleitet, und für die Dramaturgie, die nie so recht damit herausrücken mag, worum es in den Geschichten eigentlich geht. In Butter on the Latch spielt der dunkle kalifornische (Märchen-)Wald eine zentrale Rolle, in Thou Wast Mild and Lovely sind es die weiten Felder und Äcker, und für lange Zeit könnte man sich vorstellen, dass es hier nur um atmosphärische Beschreibungen und locker arrangierte zwischenmenschliche Episoden geht. Wären da nicht die irritierenden Schnitte, die immer wieder rätselhafte, teilweise schockierende, vielleicht zusammenhanglose Schnipsel ins Geschehen einstreuen. Während Butter on the Latch über so viel Offenheit noch in die Beliebigkeit abzudriften droht, erweist sich Thou Wast Mild and Lovely gegen Ende als raffinierte – und erstaunlich böse – Kon­struktion, in der sich bei aller vermeintlichen Verspieltheit von Anfang an eine Schlinge um die Figuren gelegt hat, die schließlich mit großer Unerbittlichkeit zugezogen wird.

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