Disney+: »Only Murders in the Building« Staffel 3

»Only Murders In The Building« (Staffel 3, 2023). © 20th Television/Patrick Harbron/Hulu

© 20th Television/Patrick Harbron/Hulu

Morde und Podcasts

Bei der Ausstrahlung der ersten Staffel 2021 schrieb man den Erfolg noch den Corona-Umständen zu. Mit ihrer liebevollen Verspottung von True-Crime-Obsession, Podcast-Hype und New York-Nostalgie erfüllte »Only Murders in the Building« das Bedürfnis nach einer Form von Unterhaltung, die gut genug war, um von den Pandemie-Ungewissheiten abzulenken, ohne allzu fordernd zu sein. Die prominente Besetzung mit Steve Martin, Martin Short und Selena Gomez im Zentrum wirkte als Kombination angenehm überraschend und wurde außerdem durch zahlreiche prominente Cameos ergänzt. Unter anderem spielte Sting eine schlecht gelaunte Variante seiner selbst, Tina Fey trat als böse Podcast-Königin auf und Nathan Lane als verdächtiger Deli-Besitzer. Über allem schwebte die Aura des »Arconia«, eines jener blockeinnehmenden Apartmenthäuser, wie man sie nur aus New-York-Filmen und -Serien kennt.

Die zweite Staffel von 2022 erntete im Zuge des allgemein wieder erwachenden kritischen Bewusstseins eher verhaltene Bewertungen. Was im Jahr zuvor noch ein Pluspunkt war, die Leichtigkeit, ja Fluffigkeit des Erzählkonzepts, erschien plötzlich wieder verdächtig. Die Serie selbst nahm Kritik schon vorweg, indem sie Steve Martins Figur das Vorhaben eines neuen Podcasts gleich zu Beginn der neuen Staffel kommentieren lässt: »Nur selten gibt es zu einem echten True-Crime-Podcast eine Fortsetzung. Man geht zu einem neuen Fall über, kommt aber in der Regel ans Original nicht mehr heran.«

Diese Art der Selbstwahrnehmung wiederum erweist sich als der eigentliche Charme der Serie. Das doppelbödig-ironische Bekenntnis dazu, um die Fallen des Genres genau Bescheid zu wissen und sich mal resignativ in sie zu fügen, mal provokativ-verspielt aus ihnen auszubrechen, bildet das Skelett der willentlich turbulenten Erzählung um Morden und Podcasten. Wer der Mörder von Tim Kono in der ersten und von Bunny Folger in der zweiten Staffel war, stellte sich jeweils nach einem Hindernislauf von Wendungen heraus – und war dann gar nicht so wichtig. Was sich einprägte, war die Dynamik zwischen den drei Hauptfiguren: Steve Martin als der alternde Fernsehstar Charles, der über die Jahre und seines stachlig-eitlen Charakters wegen vereinsamt ist; Martin Short als der überschuldete Broadway-Regisseur Oliver, der seiner desolaten Finanzsituation mit unerschütterlichem Optimismus trotzt; Selena Gomez als die kühle 29-jährige Mabel, die gegenüber ihren exzentrischen Seniorenpartnern oft die eigentlich Erwachsene im Raum spielt.

Einerseits strahlt die Serie die Gediegenheit eines Agatha-Christie-Krimis aus, aber die Gediegenheit wird mit einer Fülle von liebevollen Details ausgestattet, die mit ihren satirischen Anspielungen auf die Flüchtigkeit der Moden und auf die Einsamkeit des Alters weit über das Genre hinausweisen. »Only Murders in the Building« ist eine jener raren Serien, deren großer Erzählbogen weniger wichtig ist als das einzelne Element am Rande.

Der Mordfall, um den es in der dritten Staffel geht, wurde bereits als Cliffhanger zum Ende der zweiten gezeigt: In Olivers Broadway-Comeback-Inszenierung steht Paul Rudd auf der Bühne – und fällt nach seinen ersten Sätzen tot um. Es stellte sich die Frage, wie die drei Podcaster damit umgehen würden, denn sie hatten sich ja auf die titelgebende Beschränkung »Nur Morde im Gebäude«, soll heißen im Arconia, geeinigt. Man kann sich drauf verlassen, dass das Drehbuch einen Ausweg dafür findet – und nebenbei in die Intrigen einer Broadway-Produktion einführt. Die eigentliche Sensation beginnt, wenn die Figur von Meryl Streep, der Stargast dieser dritten Staffel, eingeführt wird: als alternde Darstellerin, die immer noch auf ihren Durchbruch hofft. Das wirkt natürlich an sich schon wie Satire, Streep eine Frau spielen zu lassen, deren Talent keiner erkennt. Aber sie macht es so gut, dass es total berührt. Was eben wieder auch so ein Detail ist. 

OV-Teaser

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