Kritik zu How to Blow Up a Pipeline
Auf der Grundlage des gleichnamigen Sachbuchs des schwedischen Ökologen und Umweltaktivisten Andreas Malm fächert Daniel Goldhaber die verschiedenen Positionen zum Klimaaktivismus mittels vieler Filmfiguren auf
Es beginnt wie ein Heist-Thriller: Aus verschiedenen Teilen des Landes kommen mehrere Täter mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichen Fähigkeiten zusammen, um sich für eine großangelegte Aktion zu verbünden. Aber sie tun sich nicht zusammen, um sich persönlich zu bereichern, sondern um die Welt zu retten, indem sie in der texanischen Wüste an zwei Stellen eine Ölpipeline sabotieren. Die Täter sind keine ruchlosen, erfahrenen Gangster, sondern wütende Twenty-Something-Klimaaktivisten, die zu lange vergeblich mit friedlichen Mitteln versucht haben, die Politik zu mobilisieren. Damit reiht sich »How to Blow up a Pipeline« in eine Serie von Filmen ein, die in den letzten Jahren die Möglichkeiten und Grenzen des Widerstands ausgelotet haben.
Wie in seinem Langspielfilmdebüt »Cam« nutzt Daniel Goldhaber nun auch in seinem zweiten Film ein klassisches Genre, um aktuell brisante Phänomene zu kommentieren, balanciert also die spannende Unterhaltung mit einem drängenden Thema aus. Nach dem Horrorfilm um ein Cam-Girl mit moralischen Grenzen, das durch eine gespenstisch gleich aussehende Frau ersetzt wurde, hat er jetzt auf der Basis eines kontrovers diskutierten Sachbuchs des schwedischen Ökologen und Umweltaktivisten Andreas Malm einen fiktiven Ökothriller konstruiert, in dem sich die verschiedenen Positionen zum Klimaaktivismus – von friedlichen Demonstrationen über bewusste Sachbeschädigung bis hin zu rücksichtsloser Gewalt – auf verschiedene Figuren auffächern. Dabei gelingt Goldhaber das Kunststück, die politischen, philosophischen und moralischen Argumente mit Leben zu füllen, ohne dass es jemals konstruiert wirkt, ohne dass die Menschen dabei zu Schachfiguren auf dem Drehbuchbrett werden. Stattdessen pulsiert der Film nur so vor jugendlicher Wut und nervöser Energie: in den körnig rastlosen 16-mm-Bildern der musikvideoerfahrenen Kamerafrau Tehillah De Castro, im ruppigen Schnitt von Daniel Garber und dem sirrend treibenden Score von Gavin Brivik, mit dem Goldhaber schon bei »Cam« zusammengearbeitet hat.
Die unmittelbare Dringlichkeit der Ereignisse – mit den Vorbereitungen, der Beschaffung der Materialien, dem Bau der Bomben, der Planung aller ineinandergreifenden Aktionen – wird unterfüttert durch Rückblenden, aus denen sich peu à peu die unterschiedlichen Motivationen und Standpunkte erschließen. Alle Aktivisten haben die Folgen des Klimawandels schmerzlich zu spüren bekommen. Der Älteste im Bunde ist Dwayne (Jake Weary), ein texanischer Farmer und Familienvater, dessen Land von der Regierung für den Bau einer Pipeline beschlagnahmt wurde. Xochitl (Ariela Barer, die auch Co-Autorin des Drehbuchs ist) trauert um ihre Mutter, die in einer extremen Hitzewelle gestorben ist. Theo (Sasha Lane) kämpft mit einer seltenen Form von Leukämie, verursacht durch chemischen Abfall der Ölraffinerien in ihrer Heimat Long Beach, ihre Freundin Alisha (Jayme Lawson) muss ihrem körperlichen Verfall zusehen. Michael (Forrest Goodluck) hat als indigener Amerikaner jeden Grund, wütend zu sein, und Logan (Lukas Gage) und Rowan (Kristine Froseth) kanalisieren ihren punkigen Lebensstil im Klimakampf, ziehen dabei jedoch unterschiedliche Grenzen: »Wir sind keine Mörder«, sagt sie; er findet, dass jede Revolution ihre Opfer fordert.
In der erregt angespannten Stimmung am Vorabend der Anschläge diskutieren die Kids ihre Absichten und deren Konsequenzen. Bei einigen von ihnen hebelt die Mischung aus Ohnmacht und Wut alle moralischen Bedenken aus, mit dem Leben anderer stellen sie auch das eigene zur Disposition. Andere wollen menschliche Kollateralschäden auf keinen Fall in Kauf nehmen. Während die einen vor dem bösen Wort Terrorismus zurückschrecken, sagt ein anderer: »Wenn das amerikanische Imperium uns als Terroristen bezeichnet, dann haben wir etwas richtig gemacht!«
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