DVD-Tipp: »Veganer schmecken besser«
Kannibalismus mag das letzte Tabu sein, doch mit dem Mittel der schwarzen Komödie lässt es sich allemal überwinden: Der Franzose Jean Pierre Jeunet war der Erste, der damit düsteren Schabernack trieb, und 1991 skurril grausige »Delicatessen« anrichtete: Der Lebensmittelknappheit begegnete eine Hausgemeinschaft mit einem enormen Verschleiß an Hausmeistern. 2003 legte Anders Thomas Jensen mit seinen »Dänischen Delikatessen« nach: Das zäh anlaufende Geschäft in der neu eröffneten Metzgerei wurde da auf recht unorthodoxe Weise angekurbelt.
Auch in dem französischen Film »Veganer schmecken besser« gilt: Not macht erfinderisch, und der Zufall hilft dabei, natürliche Hemmschwellen zu verschieben.
In der ersten Szene wird ein Stück Rippenfleisch leinwandfüllend vom Knochen gelöst, mit dem Messer zerteilt, zärtlich geklopft, geknetet und massiert. Kein Wunder, dass die daneben stehende Frau des Metzgers eifersüchtig wird: »Mein Leben ist so grau und trist«, lamentiert Sophie (Marina Foïs), und schon klatscht eine Horde vermummter, gewalttätiger Tierwohlaktivisten blutrote Farbe in den Laden.
Einem von ihnen kann Vincent (Fabrice Eboué) im Gerangel die Maske vom Gesicht reißen. Kurz darauf bietet sich Gelegenheit zur Rache, einmal kurz den Rückwärtsgang eingelegt, und der Veganer liegt reglos auf der nächtlichen Straße.
Vincent will die Polizei holen und den Unfall melden, Sophie rät, inspiriert von einer Fernsehserie über Serienmörder, energisch ab, und dann entwickeln die Dinge eine blutige Dynamik. Denn das Fleisch, das am nächsten Tag unabsichtlich in Umlauf gebracht wird, schlägt in Frankreich genauso ein wie zuvor die »Dänischen Delikatessen«. Alle lechzen nach seinem betörenden Geschmack, woher das denn nur komme, fragen die Kunden, »aus geheimen Quellen in Iran«, behauptet Vincent – und muss bald für Nachschub sorgen.
Nachdem der Schauspieler Fabrice Eboué schon in seinem Regiedebüt »Ein Lied in Gottes Ohr« einen beherzt unkorrekten Humor walten ließ, legt er in dieser rabenschwarzen und blutspritzenden Komödie über den Krieg zwischen Veganern und Metzgern noch mal ordentlich nach.
VÖ: 27. Mai 2022
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