Mediathek: »The Bay« Staffel 3

»The Bay« (Staffel 3, 2021). © ZDF/Ben Blackall

© ZDF/Ben Blackall

An der Seite der Opfer

Die Einführung des dualen Systems in Großbritannien folgte dem Gedanken, der damals noch stark zentralistischen BBC eine Kette regionaler Stationen zur Seite zu stellen, die sich zeitweise zu einem Gemeinschaftsprogramm zusammenschlossen. Und übrigens teils von Kinounternehmen betrieben wurden. Seither hat es Konzentrationsprozesse gegeben, einhergehend damit immer weniger regionales TV, stattdessen Reality- und Talentshows. Auf einem Gebiet aber kann ITV, so der heutige Name des Kommerzkanals, gelegentlich noch punkten: der Produktion von fiktionalen Serien. Titel wie »Cracker«, »The Bill«, »Downton Abbey«, alle preisgekrönt, sprechen für sich. Und natürlich »Broadchurch«, der Goldstandard in der Sparte Krimidrama.

Besondere Aufmerksamkeit widmete der »Broadchurch«-Autor Chris Chibnall jenen, die unter einem Verbrechen und dessen Folgen zu leiden hatten, den Angehörigen der Opfer und dem polizeilichen Personal, das häufig quälenden Belastungen ausgesetzt ist.

Einem verwandten Ansatz folgt die von Daragh Carville und Richard Clark erdachte Serie »The Bay«. Die Autoren stellten eine polizeiliche Familienbeauftragte ins Zentrum. In den ersten beiden Staffeln ist es DS Lisa Armstrong (Morven Christie), die Kontakt zu den Angehörigen von Verbrechensopfern hält, ihnen beisteht und zugleich viktimologische Einblicke sammelt, die vielleicht die Tätersuche voranbringen. Armstrongs eigenes Privatleben ist Teil der Erzählung, ebenso die ihres Vorgesetzten Tony Manning (Daniel Ryan).

Dessen schmerzvolle Scheidung wirkt in der dritten Staffel immer noch nach. Nachdem Morven Christie ihr Engagement beendet hatte, wurde mit Marsha Thomason in der Rolle der Jenn Townsend eine überzeugende Nachfolgerin eingeführt. Vordem in Manchester tätig, sind Jenn und ihre beiden Kinder in Morecambe Bay mit ihrem neuen Lebensgefährten und dessen Tochter zusammengezogen. Der neue Lebensabschnitt beginnt nicht gerade harmonisch.

Townsends erster Fall führt sie in die muslimische Gemeinde. Saif, der Sohn der Restaurantbesitzerin Mariam Rahman (Rina Mahoney), wurde tot im Meer gefunden. Die Ermittler bekommen es mit komplizierten Familienbeziehungen zu tun. Die Mutter hatte Saif gegenüber seinen Brüdern Adan und Jamal bevorzugt. Doch der talentierte Boxer Saif war nicht der Musterknabe, für den die Mutter ihn gehalten hatte.

Ohne viel Aufhebens bauen die Autoren Themen ein, die anderswo im Lehrbuchstil überbetont würden. Ganz selbstverständlich liebt Townsends Kollegin Karen Hobson (Erin Shanagher) gleichgeschlechtlich. Jamal ist gehörlos; man unterhält sich in Gebärdensprache – kein Drama.

Eindringlicher widmen sich die Autoren, und das ist leider realistisch, dem latenten und offenen Kleinstadtrassismus gegenüber Muslimen und Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Jenn Townsend und ihre Kinder gehören dazu.

OV-Trailer

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