Netflix: »Hometown Cha-Cha-Cha«
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Die romantische Komödie ist tot. . . Es lebe die romantische Komödie! Das südkoreanische Serienwunder, das spätestens mit »Squid Game« beim westlichen Publikum angekommen ist, verleiht auch vermeintlich gestrigen Genres wie Liebesfilmen neuen Glanz. Vorliegende Serie, in ihrer Heimat ein Renner, beweist einmal mehr, wie unbefangen und clever dortige Filmemacher konfuzianische Tradition und westliche Einflüsse ausbalancieren. In einer klassischen Fish-out-of-Water-Geschichte verlässt die zielstrebige, aber gefrustete Zahnärztin Hyejin (Shin Min-a) Hals über Kopf ihre schicke Welt in Seoul, um in dem – fiktiven – Küstenstädtchen Gongjin eine Zahnklinik zu eröffnen. Dabei läuft sie ständig Meister Hong (Kim Seon-Ho) über den Weg. Er ist der »local hero«, Hansdampf in allen Gassen, Faktotum und Kümmerer, Gentleman und Aussteiger im gebügelten Flanellkarohemd: womöglich arm, aber mit viel kulturellem Kapital. Er liest, man fasst es nicht, Henry David Thoreaus Roman »Walden«, die Bibel aller Alternativen. Und kochen kann er auch noch.
Der mysteriöse Märchenprinz wird nicht nur beim Surfen »offensiv als Objekt des weiblichen Blicks in Szene gesetzt«, wie es in »Der koreanische Serien-Boom« über den Appeal südkoreanischer Filme hieß. So adressiert sich auch diese keusche und gewaltfreie Serie an Frauen, wobei die Entwicklung der Liebesgeschichte als Passepartout zur Veranschaulichung vor allem weiblicher Belange dient. Unaufdringlich und mit burlesker Note geht es zum Beispiel um Belästigung, weibliche Solidarität, aber auch die Nöte von Karrierefrauen, die nicht »nach unten« heiraten wollen. Unter den Porträts umtriebiger Nachbarinnen stechen besonders alte Damen mit Blümchenhüten hervor, denen die Ärztin mehr Selbstliebe zu verordnen versucht und so die gesellschaftlich verlangte Aufopferung für das Wohl anderer hinterfragt.
So kommen die Botschaften gleichermaßen emanzipatorisch wie konservativ daher, wobei ironischerweise die Liebe des eingeschworenen Dörflers Hong für analoges »Vintage«–Bargeld, seine Sammlung von Kameras und Schallplatten, sein DIY-Ginsengwein – ihn an der Spitze urbaner Hipness verorten. Die Ärztin, die sich als Teil einer globalen Elite fühlt, ist sofort unten durch, als sie ausplaudert, dass sie ihr Luxusshampoo online bestellt, statt im lokalen Tante-Emma-Laden einzukaufen. Gelegenheitsarbeiter Hong aber, der sich »unter Wert« verkauft, hat aufgrund seiner Fähigkeiten bei den Dörflern einen höheren Status als die Zahnspezialistin. Realistische Alltagsszenen beglaubigen das Mantra von Solidarität und Selbstorganisation und feiern eine überschaubare Welt, in der zwar die soziale Kontrolle durch Getratsche für Ärger sorgt, aber auch Probleme auf kurzen Wegen gelöst werden.
Wie gehabt wird auch in dieser südkoreanischen Serie dauernd gegessen und der Geschmack seltsamer Fischarten ebenso leidenschaftlich wie Herzschmerz besprochen. Insgesamt ein betörendes Liebes- und Kleinstadtmärchen, in dem, flott am Zeitgeist entlang segelnd, nebenbei »oldschool« eine Rehabilitation erfährt.
OmeU-Trailer
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