Netflix: »Kitz«
© Netflix / Walter Wehner
Kitzbühel in Serienform? Da gab es zwar 20 Jahre lang die »SOKO Kitzbühel« (deren finale Staffel im Januar 2022 auch im ZDF zu sehen ist), doch der Glamour des Tiroler Wintersportortes wurde dort stets auf sehr öffentlich-rechtliche Weise für ein entsprechendes Publikum zur Schau gestellt. Dass davon keine Rede mehr sein kann, wenn nun mit »Kitz« die hochglanzerprobte Netflix-Mannschaft in den Alpen einfällt, versteht sich von selbst.
Ums Skifahren geht es auch hier, trotz der nahe gelegenen Pisten, nur ganz am Rande, auch wenn der junge Mann, dessen Tod der treibende Motor des Plots dieser sechsteiligen Serie ist, ein hoffnungsvolles Skitalent war. Vor einem Jahr verlor Joseph bei einem nächtlichen Unfall sein Leben, und die Schuld daran gibt seine Schwester Lisi (Sofie Eifertinger) der arroganten Münchner Influencerin Vanessa (Valerie Huber), mit der er ein heimliches Verhältnis hatte.
Als die und der Rest der regelmäßigen Schickeriatouristen pünktlich zu Schneesaison wieder ins kleine Bergstädtchen kommen, sinnt Lisi, die eigentlich ein Stipendium fürs Modestudium in London hatte und dann doch in der Heimat bei den Eltern blieb, mitsamt ihrem Kumpel Hans (Ben Felipe) auf Rache. Doch der Plan, der damit beginnt, dass Lisi auf Vanessas Party kellnert und sich langsam ihr Vertrauen erschleichen will, verkompliziert sich nicht zuletzt, als es zwischen ihr und Vanessas Freund Dominik (Bless Amada) knistert und sich Hans' Schwarm (Zoran Pingel), der anfangs nur ein anonymes Sexdate war, als Hotelerbe und Teil der Schnösel-Clique erweist.
Als »Young Adult Mystery Drama« beschreibt Netflix die Serie, die Nikolaus Schulz-Dornburg als Showrunner und Hauptautor verantwortet. Der hatte zuletzt an »Biohackers« oder »4 Blocks« mitgeschrieben. Eine glitzernd-schillernde Mischung aus Seifenoper und Thriller für die Instagram-Generation also, in der Hoffnung, auch aus dem deutschsprachigen Raum heraus jenes Publikum zu erreichen, dass sich sonst für Produktionen wie »Gossip Girl«, »Elite« und »Outer Banks« begeistert.
Ob einem diese Messlatte hoch genug liegt, ist die eine Sache, aber dass »Kitz« das gesetzte Ziel durchaus erreicht, eine andere. Die Geschichte, die man gefühlt schon Dutzende Male gesehen hat, reizt ihr Potenzial nie aus, wenn es um den Clash zwischen Arm und Reich, das Thema Trauerverarbeitung oder die Selbstfindung der Gen Z geht. Und so smart inszeniert wie Jakob M. Erwas durchaus vergleichbare »Katakomben« ist die Serie auch nie. Aber das unverbrauchte und attraktive junge Ensemble schlägt sich – unterstützt von Florence Kasumba, Nadeshda Brennicke, Andreas Pietschmann oder Tyron Ricketts in kleinen Rollen – wacker, und so vorhersehbar sich der Racheplot und die amourösen Verwicklungen entwickeln, so gut geölt und kurzweilig guckt sich das alles weg. Und dass sogar Platz für einen Verweis auf Peter Handke und seine »Publikumsbeschimpfung« ist, muss man dem Writers' Room in jedem Fall hoch anrechnen.
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