Nachruf: Rudolf Freund
Foto: Gerd Danigel , ddr-fotograf.de (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kino_Studio_Camera_Oranienburger...ße_TACHELES.jpg), „Kino Studio Camera Oranienburgerstraße TACHELES“, Crop, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode
Der Filmenthusiast
Rudolf Freund hat wie kein anderer die internationale Filmkunst in der DDR bekannt gemacht. Nach dem Studium der Filmwissenschaft wurde er 1963 Leiter des Filmstudios Camera in Ost-Berlin, für das er bis 1990 das Programm machte. Ich habe ihn 1965 kennengelernt, wir wurden Freunde, auch wenn zu DDR-Zeiten jeder Besuch in Ost-Berlin wegen der Grenzformalitäten sehr zeitaufwendig war.
Die Camera startete ihr Programm am 12. Januar 1963 mit Pabsts Dreigroschenoper. Den deutschen Stummfilm der Weimarer Republik liebte Freund besonders. 1976 hat er zusammen mit Michael Hanisch im Henschelverlag das Filmprotokoll von Piel Jutzis »Mutter Krausens Fahrt ins Glück« aus dem Jahr 1929 herausgegeben.
Das Studio Camera aber hat sich nicht nur für den deutschen Stummfilm und DDR-Produktionen eingesetzt, Freund konnte auch Filmzyklen mit Godard, Buñuel, Fellini, Bergman und sogar Manoel de Oliveira in der Camera zeigen, die nie den Weg in die normalen DDR-Kinos fanden. Auch Western und Musicals liefen hier.
Insgesamt, so wird berichtet, sind bis 1990 etwa 2500 Filme aus aller Welt in der Camera gelaufen. 2,5 Millionen Filmenthusiasten haben das Studio Camera besucht. Rudolf Freund vermittelte auch Filme in andere DDR-Städte. 1990 wurde der Spielbetrieb eingestellt, die neuen Westpreise waren nicht bezahlbar.
Freund und ich haben regelmäßig telefoniert, ein- bis zweimal im Monat. Als ich ihn vor einigen Wochen nicht mehr erreichte, ahnte ich schon Schlimmes.
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