Sky: »Call Your Mother«
»Call Your Mother« (Serie, 2021). © Sony Pictures Home Entertainment
Würde es den Begriff der Helikoptereltern nicht schon geben, müsste er für Jean (Kyra Sedgwick) erfunden werden. Die zweifache Mutter hat ihr ganzes Leben in Iowa verbracht, dem simplen Bauernbundesstaat im Mittleren Westen, der schon für sich als Witz herhalten muss. Ihr Ehemann ist vor Jahren verstorben, die erwachsenen Kinder längst nach Los Angeles gezogen und Jean fühlt sich nun ziemlich allein und ohne Lebensinhalt. Also taucht sie unangekündigt in L.A. auf und mietet sich in einem Airbnb-Apartment ein. Jean ist sich sicher: Die Kinder brauchen sie. Sie entscheidet sich zu bleiben, Aufenthaltsdauer: offen.
Im Mittelpunkt der launigen Ensemble-Sitcom »Call Your Mother« (ab 21. Juni auf Sky Comedy) steht Kyra Sedgwick, die sich als Ermittlerin in der Krimiserie »The Closer« über sieben Staffeln und 109 Episoden als Leading Lady etabliert hat und zeitweise mehr Bildschirmpräsenz hatte als Ehemann Kevin Bacon, mit dem sie seit 1988 verheiratet ist. Dass sie auch komisches Talent und Timing hat, beweist die 55-jährige New Yorkerin nun hier.
Serienmacherin Kari Lizer (»The New Adventures of Old Christine«) baut um ihren Star eine bunte Truppe genretypisch überzeichneter und funktionaler Charaktere: den Airbnb-Vermieter, alleinstehenden Paartherapeuten und Exil-Australier Danny (Patrick Brammall), mit dem Jean einen unbeholfenen Flirt beginnt; die beiden neurotischen Kinder, Muttersöhnchen und Videospielentwickler Freddie, 23, und dessen Influencer-Freundin Celia, sowie die zwei Jahre ältere Jackie, die eine Affäre mit ihrem Prof hat; ferner gibt es noch Jackies schwulen Mitbewohner Austin und Jeans langjährige Freundin Sherri aus Iowa. Unter ihnen könnte vor allem Jackie-Darstellerin Rachel Sennott bekannt vorkommen: Sie ist derzeit auch als jüdisch-bisexuelle Millenial in Emma Seligmans schillernder Fremdschämkomödie »Shiva Baby« bei Mubi in einer gar nicht so unähnlichen Gören-Rolle zu sehen.
»Call Your Mother« ist eindeutiger und harmloser, die Serie zieht viel von ihrer Komik aus der Tatsache, dass im Grunde keine dieser Figuren, egal wie alt, irgendwie erwachsen ist und in den unmöglichsten Situationen in kindisches Verhalten verfällt. Sie alle sind auf die ein oder andere Art orientierungslos, auf der Suche nach einem Sinn im Leben. Vor allem Mutti selbst ist mit ihrem Gebrauchtwerdenwollen, das sie als gut gemeinte Fürsorge nur schlecht tarnt, oft peinlich, bleibt aber immer liebenswürdig. Und am Ende löst sich jeder Konflikt in Wohlgefallen und einem Lacher auf.
Doch in kleinen Momenten gelingt es Sedgwick mit ihrer Rolle auf die Erwartungen an Frauen eines gewissen Alters anzuspielen, äußere wie eigene Erwartungen, und so auch ihr Image als TV-Star mit Humor zu reflektieren. Die ganz auf sie zugeschnittene Sitcom ist allerdings ein kurzweiliges Vergnügen, nach 13 Folgen ist Schluss. Der Networksender ABC, der »Call Your Mother« seit Januar ausgestrahlt hatte, gab keine zweite Staffel in Auftrag.
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