Buch-Tipp: Oliver Stone: Chasing the Light
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Die offizielle Autobiografie, wie der deutsche Untertitel behauptet, ist es eher nicht, oder wenn schon, dann nur die erste Hälfte davon, bis zum Oscar für die Regie von »Platoon« mit 40, im Jahr 1986. Treffender heißt es im Original: »How I fought my way into Hollywood«. In gewisser Weise sind die eloquent erzählten und mit vielen literarischen und filmischen Referenzen durchwirkten Memoiren durchaus eine Anleitung für angehende Filmregisseure, wie man kompromisslos und gegen irrwitzige Widerstände Filme durchboxt, die sich aus eigenen Erfahrungen speisen und den eigenen Werten treu bleiben. »Dies ist eine Geschichte darüber, wie man um jeden Preis seinen Traum verwirklichen will«, schreibt Stone im Vorwort. »Es geht darum, kein Nein als Antwort zu akzeptieren.«
»Salvador« habe die »dreckige, anrüchige, abgebrühte Oberfläche«, die man von Stone erwarte, wird Pauline Kael zitiert, verfüge aber auch über »die dazugehörige große Empfindsamkeit«. Oliver Stone ist berühmt für sein ungezügeltes, provokantes Temperament, das sich, wie er immer wieder durchaus stolz bekundet, auch in seinen Filmen spiegelt: »Ich brauchte etwas, das dreckig, chaotisch und fehlerhaft war wie ich!« Es ist überraschend, wie reflektiert und selbstkritisch Stone die Chronik der eigenen Karriere aufblättert, Drogenexzesse und Sexeskapaden inklusive. Könnte es sein, dass das frühkindliche Trauma der Trennung seiner Eltern, eines amerikanischen Schriftstellers und einer französischen »Salon-Regisseurin«, dass die »Lüge dieser Liebe« ihn dafür sensibilisiert hat, auch die politischen und gesellschaftlichen Lügen Amerikas freizulegen und anzuprangern? Ziehen sich die Widersprüche in seiner Herkunft durch sein Werk?
Immer wieder zieht er analytische Verbindungen zwischen seinen persönlichen Kriegserlebnissen und den fiktiven Erzählungen von »Salvador« und »Platoon«: Was würde passieren, wenn Elias und Barnes, die sich in der Realität nie begegnet sind, von Willem Dafoe und Tom Berenger verkörpert aufeinandertreffen? Mit all diesen Überlegungen wird die halbe Autobiografie zum anregenden und schlüssigen Lebensroman eines unbequemen, nicht immer sympathischen, aber auch in seinen Widersprüchen authentischen Kriegers.
Oliver Stone: Chasing the Light – Die offizielle Autobiografie. FinanzBuch Verlag, München 2020. 350 S., 24,99 €.
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