Retrospektive: »Bardelys the Magnificent« (1926)
»Bardelys the Magnificent« ist in Mantel- und Degen-Stummfilm, den King Vidor zunächst als Komödie der Pikanterien inszeniert, inklusive witziger Zwischentitel: Bardelys the Magnificent ist ein Charmebolzen am Hofe des Königs von Frankreich im 17. Jahrhundert, der die Hofdamen reihenweise verführt und als Andenken eine Locke seines Haares hinterlässt – man sieht seine Diener diese Locken von einer Perücke schneiden und im Akkord in Medaillons verpacken. Das ist rasant und lustig, doch dann bewegt sich der Film doch immer mehr in Richtung Drama.
Ein Rivale drängt Bardelys zu einer Wette: Er muss innerhalb von drei Monaten eine bestimmte Dame heiraten, sonst verliert er Haus und Hof. Die Dame ist Roxalanne, in der Provinz und noch nicht vom Treiben am Hofe verdorben. Sie ist eigenständig genug, sich ihren Mann selbst auszusuchen!
Bardelys gibt sich bei ihr als ein anderer aus, der ist Anführer der Rebellen gegen den König, aber vielleicht deshalb beginnen die beiden sich zu lieben. Unter falschen Voraussetzungen, die über Bardelys zusammenschlagen, als sich herausstellt, dass der Mann, dessen Identität er angenommen hat, eine Verlobte hat. Roxalanne lässt ihn verhaften, er wird unter falschem Namen angeklagt. Und der Vertreter des Königs bei Gericht ist sein Rivale, der will Bardelys hängen sehen. Diese Handlung ist nicht wirklich mit viel Charme und Verve inszeniert, bis hierhin, doch dann geht es los! – Gleich nach einer langen Liebes-Abschiedsszene in der Todeszelle, denn Roxalanne liebt Bardelys doch noch, auch wenn sie seine wahre Identität nach wie vor nicht kennt.
Aber dann. Aber dann! Bardelys am Galgen. Da springt er über die Wachen in die Menge! Krabbelt unter einem Wagen durch unter das Galgenpodest, wo er geschickt mit seinem Degen die Spieße abwehrt, die nach ihm stochern. Es sind so viele, dass er auf die Spieße draufsteht und sie als Sprungbrett benutzt, um über die Falltür aufs Podest zu gelangen, von dort über das Seil auf den Galgenbalken. Dann rutscht er an zwei der Spieße, die ihn da oben runterholen wollen, wieder auf den Boden, schnappt sich eine Hellebarde, springt via Stabhochsprung über die anstürmenden Soldaten, benutzt die Waffe – Allzweck-Fluchtwerkzeug! –, um sich an der Fassade des Schlosses hochzuhangeln über mehrere Stockwerke, oben auf der Balustrade greift er sich eine herunterhängende Fahne, schwingt hin und her, hoch über dem Marktplatz – Vidor zeigt John Gilbert, der Bardelys spielt, von oben, in Nahaufnahme, wie er da durch die Luft saust –, immer wieder ficht unser Held gegen die Feinde, um dann die Fahne abzureißen und das Tuch als Fallschirm zu benutzen, mit dem er auf der Kutsche des gerade angekommenen Königs landet, der seine wahre Identität feststellen kann: »Trotz all deiner Fehler – langweilig bist du nicht!« Unglaublich, diese Sequenz, Douglas Fairbanks kann sich da 'ne Scheibe abschneiden.
Gezeigt wurde eine restaurierte DCP – der Film galt lange als verloren, wurde wiederhergestellt, wobei der dritte Akt des Films – die Reise in die Provinz – nach wie vor fehlt. Das ist filmgeschichtlich äußerst schade – für den Unterhaltungswert reichen aber die letzten zehn Minuten.
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