Kritik zu Confession

© Farbfilm

Sylvie Verheyde inszeniert Alfred de Mussets »Bekenntnisse eines jungen Zeitgenossen « mit Popstar Pete Doherty in seiner ersten Kinorolle. Die Verkörperung des gleichermaßen Liebessüchtigen wie der Liebe Überdrüssigen fällt ihm naturgemäß leicht

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Es klingt zunächst wie ein PR-Manöver: Pete Doherty, von Drogen und der Beziehung mit Supermodel Kate Moss gebeutelter Popstar, verkörpert in seinem Schauspieldebüt den romantischen Dichter Alfred de Musset. Dessen 1836 erschienener autobiografischer Roman »Bekenntnisse eines jungen Zeitgenossen « erzählt von der schmerzhaften Beziehung Mussets mit der fünfeinhalb Jahre älteren Schriftstellerin George Sand. Im Film Confession heißt sie Brigitte und wird von Charlotte Gainsbourg gespielt. Und während man in den ersten Minuten den leicht molligen Pete im schwarzen Gehrock mit Zylinder auf zerzauster Frisur beim ersten Liebesleid zuschaut, ihn zum Duell staksen und eine Schusswunde davontragen sieht, wabert mit dem Nebel die Frage durch die Szenerie: Kann der das?! Dabei ist die zentrale Frage, die der Film sich gemeinsam mit seinem wehmütigen Protagonisten stellt: Kann er Liebe? Und da gibt es eine direkte Verbindung zwischen der Generation globalisierter Hipster und den schmachtenden Romantikern des 19. Jahrhunderts. Wo das Leben weitgehend frei gestaltbar ist, wo man sich der Konventionen wie der Korsette entledigen kann, da kann und muss die Liebe alles sein. Erlöserin, Sinnstifterin, Heilerin und Gegengift.

Von dieser Hoffnung ist in Pete Dohertys dunklem Blick zu lesen. Die Rolle des Liebenden wirft er sich über wie sein Octave das schwarze Kostüm. Identität auf Probe, Glück auf Zeit. Liebe ist Hoffnung, jedes Mal, und Verheyde weiß diese Hoffnung einzukleiden in die Pracht und Sinnlichkeit der zunächst starren Gewänder, die fließenden Unterkleidern und schließlich der Nacktheit weichen. Esther Waltz’ Kostümgestaltung leistet eine parallele Inszenierung von Pose und Häutung, eng an den Liebestanz des schmachtenden Paares geschmiegt.

Liebe, wenn sie sich selbst als Erzählung genug ist, mag ermüden. Das nimmt Verheyde nicht nur in Kauf, es ist ihr eigentliches Thema. Confession ist nichts anderes als die Chronik einer angekündigten Trennung. Nichts fürchte der Seemann so wie den kleinen dunklen Punkt am Horizont, weiß Octave zu verkünden, nachdem er mit Brigittes Erlaubnis in ihrem Tagebuch las. Er ist seiner Unfähigkeit müde, die romantische Hoffnung fahren zulassen. Brigitte weiß um das Ende und erblüht doch in der schieren Möglichkeit, es könne anders ausgehen. Beide sind sie Performer ihres Glücks, sie beschwören und erzeugen die Intensität des Momentes für sich und ihr Publikum, und sei es nur der jeweils andere. Haben sie sonst keine Problem? Nein. Geld, Gesundheit und große Anwesen stehen zur Verfügung, maliziöse Freunde und dezente Adoranten säumen Empfänge und Gelage. Die Unmöglichkeit der Liebe ersetzt das Leid, das die Welt ihnen verwehrt. Confession breitet seine »Lose-lose«-Situation so lasziv auf der Leinwand aus wie Brigitte ihre Gewänder. Er ist die melancholische Antithese zur Botschaft der Romantic Comedies mit ihrem »Topf trifft Deckel«-Optimismus. Oder, wie Pete Doherty in seinem Schlusssong »Birdcage «, Amy Winehouse zitierend, singt: »We could never be together, I’m too pretty, you’re too clever«.

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