Kritik zu Gott existiert, ihr Name ist Petrunya

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Eine Frau, die man nicht unterschätzen sollte: Der Film von Teona Strugar Mitevska feierte im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale Weltpremiere und wurde dort mit dem Preis der Ökumenischen Jury sowie dem Gilde Filmpreis ausgezeichnet

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Auch wenn es kaum zu körperlicher Gewalt kommt: »Gott existiert, ihr Name ist Petrunya« ist ein Film über Gewalt gegen Frauen. Worte und Gesten sind hier die Waffen, denen sich die titelgebende Heldin ausgesetzt sieht. Gleich bei dem Bewerbungsgespräch, zu dem ihre konservative Mutter Vaska (Violeta Sapkovska) die 31-jährige arbeitslose Tochter schickt, darf sich Petrunya (Zorica Nusheva) vom Chef der Firma anhören, dass sie nichts kann, dass ihr Geschichtsstudium nichts bringt und er sie »nicht mal ficken« würde. Sprachlosigkeit.

Auf dem Rückweg dann die Übersprungshandlung, im wahrsten Sinne des Wortes: Petrunya springt zum Dreikönigstag in den Fluss und fischt das vom Priester geweihte Kreuz aus dem Wasser, nach dem eigentlich nur Männer tauchen dürfen. Für die Kirche und den männlichen Pöbel ein Skandal, für Petrunya der Beginn ihres Märtyrertums.

»Gott existiert, ihr Name ist Petrunya« wirkt wie eine filmische Abrechnung mit jenem realen Fall in Štip, von dem sich Mi­tevska inspirieren ließ. Dort nämlich, in der nordmazedonischen Stadt, in der auch der Film angesiedelt ist, hat tatsächlich eine Frau das Kreuz gefangen und sah sich mit einem empörten Klerus samt krakeelender Lokalbevölkerung konfrontiert. Die Frau lebt, wie Mitevska weiter im Interview erklärt, mittlerweile in London.

So leise der Film in großen Teilen erzählt wird: Mitevska und ihre Ko-Drehbuchautorin Elma Tataragic haben nicht Subtilität im Sinn. Davon zeugt gleich die erste Einstellung, in der Kamera auf die in einem leeren Schwimmbecken stehende Petrunya zoomt, als plötzlich Heavy-Metal-Musik losbrettert. Nein, der Film ist eine wütende Konfrontation: mit verkrusteten, patriarchalen Strukturen in einer Gesellschaft, die »wie im Mittelalter« lebt, wie es die Reporterin Slavica (Labina Mitevska) einmal beschreibt; mit der Ungleichheit von Mann und Frau und mit den Problemen eines nicht säkularen Staates.

Denn was macht die örtliche Polizei? Sie verhaftet die Flüchtige zu Hause und bringt sie ohne Anzeige aufs Revier. Die schweigende Petrunya wird dort festgehalten, während der Priester und der verunsicherte Polizeichef über das weitere Vorgehen diskutieren. Der Film wird zum Kammerspiel in diesen düsteren Räumen der Polizei, in denen Petrunya gefühlte Ewigkeiten warten muss.

All das hat in seiner Überspitzung etwas von Realsatire: mit den absurden Regeln der Kirche, einem Staatsapparat, der sich davon beeindrucken lässt, der idealistischen Journalistin, die sich auf Petrunyas Seite schlägt und mit dem pöbelnden Haufen Schläger, der vor dem Revier Stellung bezieht und nach Vergeltung lechzt.

Zugleich ist der Film bitterernst, und zwar immer dann ganz konkret, wenn er auf seine Heldin blickt. Die muss einstecken, und zwar von allen Seiten. Die eigene Mutter schimpft sie »undankbares Monster, Dreckstück« und »Tier«, als sie von dem Kreuz erfährt, auf dem Revier schlägt ihr Hass entgegen. Die Gewalt hängt als unangenehmer Suspense im Raum, etwa wenn ein glatzköpfiger Beamter die Kamera im Verhörraum abhängt, sich vor der Frau aufbaut, ihr droht und ausrastet.

Nach diesem Schreckmoment blickt Petrunya in die Kamera, mit festem Blick direkt in unsere Augen. Und spätestens da wird klar: Auch wir haben sie unterschätzt. »Heute bin ich zum Wolf geworden«, erklärt sie dem Staatsanwalt in Anlehnung an die Fabel von Wolf und Schaf, die als Teil der Tiersymbolik den Film durchzieht. Petrunya, die Exotin in diesem archaischen Irrenhaus, sitzt im Verhörraum vor dem Bild eines wilden Dschungels.

Zorica Nusheva ist sagenhaft in ihrer ersten Filmrolle und in jeder Sekunde einnehmend. Sie erdet den Film, dessen Überdeutlichkeit man kritisieren kann. Sie ist die Heldin, die nicht heroisiert wird, sondern einfach für sich einsteht. Für ihre Rechte und vielleicht auch für ein Jahr Glück, wie es dem Glauben nach dem Fänger des Kreuzes bevorsteht.

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