Kritik zu Renzo Piano – Architekt des Lichts

© Mindjazz Pictures

2018
Original-Titel: 
Renzo Piano, an Architect for Santander
Filmstart in Deutschland: 
04.04.2019
L: 
70 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Carlos Saura dokumentiert mit privilegiertem Zugang die Entstehung des von Renzo Piano entworfenen Centro Botín im spanischen Santander

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Die Filmbilder vermitteln nur einen schwachen Eindruck von der eigenwilligen Schönheit und stofflosen Ausstrahlung des Centro Botín. Mit seinen zwei ungleich großen Teilen, die durch ein Netz von stählernen Treppen und Plattformen miteinander verbunden sind, hat das auf Pfeilern stehende, den Boden quasi nicht berührende Kulturzentrum, das der italienische Architekt Renzo Piano für die Stiftung Botín im galizischen Santander gebaut hat, etwas von einem Raumschiff. Die Kacheln, die seine geschwungene Fassade bedecken und den Gedanken an eine Außenhaut heraufbeschwören, fangen das Licht regelrecht ein, brechen es und werfen es auf eine verspielte Weise zurück. So werden selbst die unterhalb der Gebäudehälften entstandenen Räume in ein vom Meer und seinen Reflexionen verzaubertes Licht getaucht. Wer dort ganz nah am Uferkai steht, muss sich fast wie in einer anderen Welt vorkommen.

All das lässt sich in »Renzo Piano – Architekt des Lichts«, Carlos Sauras Dokumentation über die Planung und den Bau des Centro Botín, allenfalls erahnen. Piano bekennt zwar in einem der Gespräche mit dem Filmemacher, dass er ihn und alle Fotografen immer beneidet habe, da sie einen flüchtigen Augenblick in etwas Ewiges verwandeln können. Dennoch zeugt ausgerechnet Sauras Film fortwährend von der Unzulänglichkeit des Kinos gegenüber der Architektur. Ein Gebäude lässt sich abbilden, eine einzelne Lichtstimmung festhalten. Aber den Geist des architektonischen Kunstwerks kann es letztlich nicht erfassen.

Das scheint Carlos Saura auch bewusst zu sein. Während seine Aufnahmen vom Sonnenlicht, das sich seinen Weg durch die grauen Wolken über der Bucht von Santander sucht, tatsächlich für sich stehen können, beschwört er die Wirkung des Kulturzentrums vor allem über Worte herauf.

Gleich mehrmals spricht Renzo Piano über die Poesie und die Schönheit von Architektur. So kann er einmal mehr seine schon oft geäußerte Idee vertreten, dass Kultur den Menschen verändern kann und damit eine utopische Funktion hat. Ein schönes und für jeden Liebhaber der Kunst inspirierendes Gedankenspiel. Nur verrät schon ein kurzer Blick in die Menschheitsgeschichte, dass auch von der Kunst und ihrer Schönheit beseelte Menschen durchaus zu Akten der Barbarei fähig sind. Trotzdem hakt Carlos Saura nicht nach. Er lässt alles genauso stehen, wie es Renzo Piano darstellt.

Zwar kommen in einigen kurzen Szenen auch Kritiker des Centro Botíns und seiner Bedeutung für das Antlitz der Bucht von Santander zu Wort. Aber ihre Kritik, die sich auch gegen das paternalistische Auftreten der vom langjährigen Vorsitzenden der Banco Santander Emilio Botín geprägten Stiftung richtet, bleibt unbeantwortet. Nicht nur Piano, der einmal ganz offen gesteht, dass er negative Reaktionen auf seine Entwürfe bewusst ignoriert, geht über sie hinweg. Auch Saura setzt sich nicht weiter mit ihnen auseinander. Er feiert das Gebäudeensemble als architektonisches Meisterwerk, setzt es aber nie in einen größeren Zusammenhang. So wird aus einer Dokumentation, die von einem privilegierten Zugang in der Entwicklungs- und Bauphase profitiert, ein Imagefilm für Pianos weltberühmte Architekturfirma.

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