Kritik zu Helmut Berger, meine Mutter und ich
Die junge Regisseurin Valesca Peters holt Helmut Berger zu sich nach Hause – und macht einen Dokumentarfilm, der tatsächlich eine andere Seite des Stars zeigt
Die erste Begegnung in Paris hat noch etwas Holpriges. Die Unsicherheit ist auf beiden Seiten zu spüren. Aber Helmut Berger weiß besser, mit ihr umzugehen. Er überspielt seine Nervosität mit spöttischen Bemerkungen über deutsche Frauen und inszeniert sich einmal mehr als ewiges enfant terrible. Zugleich scheint er sich in der Aufmerksamkeit, die ihm die Filmemacherin Valesca Peters widmet, regelrecht zu sonnen. Schon in diesen kurzen Momenten blüht der 1944 in Bad Ischl geborene Berger auf. Die Kamera gibt ihm etwas zurück, das er in den langen Jahrzehnten seines Niedergangs verloren hat.
Der Titel von Valesca Peters' Regiedebüt deutet es schon an. Die junge Regisseurin geht einen ganz anderen Weg als etwa Andreas Horvath mit seiner 2015 in Venedig uraufgeführten Dokumentation »Helmut Berger, Actor«. All die Skandale, die der von Luchino Visconti entdeckte Filmstar provoziert hat, haben zwar den Anstoß zu Peters' Film gegeben, spielen darüber hinaus aber keine Rolle in ihm. Nach einer eher zufälligen Internetrecherche beschließt Valesca Peters' Mutter Bettina Vorndamme, dass es an der Zeit sei, Helmut Berger zu retten. Sie will ein Drehbuch für ihn schreiben, und ihre Tochter soll es inszenieren. Also versucht die Finanzcontrollerin, Kontakt mit Berger aufzunehmen und dringt tatsächlich zu ihm vor. Nach dem Treffen in Paris besuchen Mutter und Tochter ihn in Salzburg. Kurz danach lädt Bettina Vorndamme ihn zu sich auf ihren Bauernhof in Niedersachsen ein. Dort wird er fast ein halbes Jahr verbringen, bevor er für die Proben zu Albert Serras Theaterinszenierung »Liberté« nach Berlin zieht.
Das private Umfeld, in dem »Helmut Berger, meine Mutter und ich« entstanden ist, bringt ein anderes Bild des Schauspielers hervor, der einmal als der schönste Mann der Welt galt. Anders als Oscar Wildes Dorian Gray, den er einst in Massimo Dallamanos »Das Bildnis des Dorian Gray« (1970) verkörpert hat, ist Berger alt geworden. Die Spuren seines Lebens haben sich in sein Gesicht und seinen Körper eingeschrieben. Darüber können auch die modischen Sonnenbrillen und Kaschmirpullover, die er so gerne trägt, nicht hinwegtäuschen. Die Kamera liebt ihn jedoch auch heute noch.
Wie leicht könnte der Moment, in dem er auf einem in Vorndammes Garten stehenden Hometrainer sitzt und starr in die Ferne schaut, lächerlich wirken. Doch Berger strahlt in dieser Einstellung eine Ruhe und Würde aus, die einen seinen kurzen Auftritt im Dschungelcamp ebenso wie all die Boulevard-Schlagzeilen vergessen lässt. Natürlich setzt sich Berger in diesem Bild selbst in Szene wie früher vor der Kamera Helmut Newtons oder in den Filmen Viscontis. Trotzdem schimmert etwas von seiner wahren Persönlichkeit durch. Peters ist es tatsächlich gelungen, einen Blick hinter die Maske zu werfen, die Berger der Öffentlichkeit sonst präsentiert. Der Blick nach vorne, in die Zukunft, verrät einen Mann, der sich nie aus der Umklammerung der Vergangenheit befreien konnte. Ob es ihm nun mit fast 75 Jahren gelingen wird, darauf gibt auch Peters keine Antwort.
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