Streaming-Tipp: »Wach«

»Wach« (2018). Foto: ZDF/Clara Nebeling

»Wach« (2018). Foto: ZDF/Clara Nebeling

Atemlose Jugendzeit

Die 17-jährigen Freundinnen Nike und C. bleiben wach – solange es geht. Mit dem Experiment wollen sie das pure Leben fühlen, Drogen sind nicht erlaubt. Inmitten eines perspektivlosen Plattenbau-Milieus sehnen sie sich nach Exzess, oder doch Ruhe? Ganz klar wird das nicht, das passt zu den unsicheren Mädchen, die nach einem Sinn in ihrem Leben suchen und gleichzeitig abgebrüht über gesellschaftliche Zuschreibungen (»Generation Z«) reflektieren. In »Wach« ist dafür C. zuständig, die jede schlaflose Stunde mit der Kamera aufnimmt und aus dem Experiment ein Filmprojekt machen will. An den ruhigeren Stellen lässt sie per Voice-Over ihren Gedanken freien Lauf. »Wach« ist ein fiktionaler Film, nutzt technische Möglichkeiten aber nicht nur als Spielerei, sondern lässt die Geschichte ausnahmslos über die Kamera von C. erzählen, die deshalb auch stets von einer Figur geführt wird und das Geschehen beeinflusst. Das erzeugt wenig spannende Bilder, erhöht in den stärksten Szenen aber durch die Nähe zu den Figuren die Dynamik des Films. Regisseur Kim Frank, der als Sänger der Band »Echt« bekannt wurde, drehte mit »Wach« nach zahlreichen erfolgreichen Musikvideos seinen ersten Spielfilm. Nach dem Kauf eines digitalen Fotoapparats erkannte er, dass man schon allein damit für wenig Geld einen Film drehen kann und ihn hinterher auf Youtube hochladen. Die Idee von zwei Mädchen, die wach bleiben wollen, stammt von einer Bekannten. Nun ist aus der Idee ein Film im Film geworden, der in 75 Minuten 86 schlaflose Stunden zeigt, die zwei Mädchen an ihre Grenzen führen. Nike (Alli Neumann) und C. (Jana McKinnon) wollten die schlaflosen Stunden eigentlich in Nikes Wohnung verbringen, doch als ihr Vater überraschend auftaucht, zieht es sie nach draußen, in die Stadt. Auch ohne Drogen entwickelt sich das Abenteuer der Mädchen zu einem Rausch. In einem Geschäft stehlen sie Kleider, danach das Geld eines betrunkenen Pornokino-Besuchers (Alexander Scheer). In einem Technoclub treffen sie den einnehmenden Jesco (Dennis Mojen). Mit ihm fahren sie ans Meer und lassen in einem Hotelzimmer alle Hemmungen fallen. Die schlaflose Zeit scheint einen Höhepunkt nach dem anderen zu bieten, zum Ende hin zeigt Kim Frank aber auch jene Kehrseiten des Exzesses, die zuvor ausgeblendet wurden. Die Voice-Over-Reflexionen von C. während den Ereignissen sind aber so oberflächlich wie die Generation, die kritisiert werden soll. In einzelnen Szenen, beim wilden Tanzen im Club, beim ruhigen Beobachten der vorbeiziehenden Landschaft im Auto, verstärken sich Form und Inhalt dagegen gegenseitig und lassen Intimität zu, die in rastlosen Zeiten so flüchtig ist.

»Wach« wurde vom Kleinen Fernsehspiel und Funk produziert. Am 17. September um 20 Uhr wird der Film in den Mediatheken und auf Youtube veröffentlicht und läuft am gleichen Abend um 00:05 Uhr im ZDF.

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