Kritik zu We Steal Secrets: The Story of Wikileaks

© Universal Pictures

2013
Original-Titel: 
We Steal Secrets: The Story of Wikileaks
Filmstart in Deutschland: 
11.07.2013
L: 
130 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Aufstieg und Fall von Julian Assange im Stile eines Politthrillers: Die Doku über den berühmtesten Netzaktivisten der Welt ist so komplex wie spannend wie zwiespältig

Bewertung: 3
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Es ist die sonderbare und weltbewegende Geschichte über einen weißhaarigen Mann, ein bisexuelles Soldatenbürschchen, zwei vermeintliche Sexspioninnen, kugelsichere Westen, nervöse Staatsmänner – und ein geplatztes Kondom. Der haarsträubende Plot ist nicht fiktional, sondern beängstigend real, und auch als Agententhriller würde er prima taugen. Mit den gleichen Stilmitteln erzählt Regisseur und Autor Alex Gibney nun in zwei Stunden Spielzeit vom Aufstieg und Fall zweier Männer, die mit der Enthüllungsplattform WikiLeaks die Welt ein bisschen verändern wollten. Der eine von ihnen heißt Julian Assange, allseits bekannter Hacker-Guru im feinen Zwirn, mit schlohweißem Haupt und kühlem James- Bond-Schurken-Blick, der von Netzaktivisten gerne zum Retter der freien Welt erklärt wird. Der andere heißt Bradley Manning, auf den ersten Blick rotbackiger Lausbub in US-Uniform, der vielleicht den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen wird.

Im Frühjahr 2010 war Manning im Irak stationiert und sorgte für das größte Datenleckin der politischen US-Geschichte: Gegen Mitternacht tippt der damals 22-jährige IT-Experte unter seinem Alias »bradass87« diesen Satz ins AOL-Chatprogramm: »Wenn du über mehr als acht Monate an sieben Tagen die Woche jeweils 14 Stunden Zugang zu geheim eingestuften Netzwerken hättest, was würdest du tun?« Manning entscheidet sich, sie via WikiLeaks zu lüften: die Afghanistan-Protokolle; die Irak-Protokolle; die Botschaftsdepeschen. Und das Video eines Apache-Hubschraubers, das belegt, wie eine Gruppe von Zivilisten und Reuters-Journalisten von Kugeln durchsiebt wird, als würde es sich um ein Videospiel handeln. WikiLeaks verbündet sich mit großen Medienpartnern wie dem »Guardian« oder dem »Spiegel«. Der Scoop ist perfekt. Doch Mannings Tarnung fliegt auf: Der Mann am anderen Ende des Chat-Protokolls verpfeift ihn ans FBI. Seit drei Jahren sitzt er bereits in Haft, der Prozess gegen ihn begann erst vergangenen Monat.

Wäre Alex Gibneys spannende Spionageparabel nur erdacht, könnte man die eigentliche Ursache für das Scheitern als wertkonservativen Kokolores abtun, aber in diesem Fall sind es   wohl tatsächlich sexuelle Orientierungen und Gelüste, die sowohl Manning als auch Assange zu Fall bringen. Gibney erkennt in Mannings unterdrückter Transsexualität das Scheitern in der US-Armee. Bei Julian Assange ist es die vielfach zitierte Sexfalle. Der Regisseur interviewt einen schwedischen Medienexperten, der die zwei Frauen persönlich kennt, an denen sich Assange mutmaßlich vergangen hat. »Er war wie ein Rockstar. Und er wollte einfach nur die Früchte ernten«, umschreibt er die damaligen Umstände. In der Szene, als auf der Leinwand die verfremdete, aber detaillierte Aufnahme eines geplatzten Kondoms zu sehen ist, möchte man ungläubig den Kopf schütteln. Assange hat den Film natürlich auch gesehen: »Dieser US-Filmemacher hat die Objektivität und die Perspektive verloren, wahrscheinlich wegen der Entscheidung von WikiLeaks, nicht mit ihm zu kooperieren «, schreibt der gefallene Held aus dem Hausarrest. Alex Gibneys nächster Film handelt ebenso von einem Gescheiterten: Lance Armstrong.

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