Kritik zu Buried – Lebend Begraben
Klaustrophobischer geht's kaum: Rodrigo Cortés' Thriller spielt von Anfang bis Ende in einem Sarg
Enge Räume als Orte der Bedrohung haben im Kino Tradition. Hitchcock hat mal gesagt, dass er gerne einen Film in einer Telefonzelle drehen würde. Joel Schumacher hat die Idee dann verwirklicht, in Phone Booth, 2002. Rodrigo Cortés setzt mit Buried noch eins drauf. Er präsentiert den Sarg als ultimativen »Panic Room« des Kinos. Enger geht’s nicht. Cortés’ Projekt hat etwas grundsätzlich Sportives: Mehr als alles andere will er beweisen, dass es möglich ist, 90 Minuten lang von einem Mann in einem Sarg zu erzählen und damit die Zuschauer zu fesseln.
Am beklemmendsten ist Buried am Anfang, wenn die Leinwand noch schwarz ist, nur heftige Atemzüge, Husten und Scharren am Holz zu hören sind. Da fühlt sich auch der Zuschauer wie im Sarg, lebendig begraben im dunklen Kino. Die Brust wird eng, und die Pulsfrequenz steigt. Auch der lebendig Begrabene wird zunehmend panisch, als er mit Hilfe seines Feuerzeugs realisiert, wo er ist. Da scheint der Film direkt dort anzuknüpfen, wo George Sluizers Spoorloos (1988) und sein Hollywood-Remake The Vanishing (1993) aufhörten; anders aber als Uma Thurman in Kill Bill Vol. 2 schafft es Paul Conroy (Ryan Reynolds) hier nicht, den Deckel seines Holzkäfigs aufzuhebeln. Immerhin entdeckt er ein Handy, womit der Sarg buchstäblich zur Telefonzelle wird.
Das Mobilitätsversprechen des mobile phone ist in Pauls Lage jedenfalls ein böser Witz. Aus der Diskrepanz zwischen der körperlichen Beschränktheit des Protagonisten und seiner grenzenlosen Kommunikationsmöglichkeit zieht der Film seinen besonderen Reiz. Buried ist ein Kammerspiel, ein Dialogfilm: Durch die Telefonate erfahren wir, dass Paul als Lastwagenfahrer für eine amerikanische Firma im Irak arbeitete und dass sein Convoy überfallen wurde. Bald ruft auch schon sein Entführer an und verlangt fünf Millionen Dollar Lösegeld. Innerhalb der nächsten zwei Stunden soll das Geld bezahlt werden, so lange reicht der Sauerstoff im Sarg. Wen ruft man in einer solchen Lage an?
Rabenschwarz ist Cortés’ Humor: So erwischt Paul immer wieder Anrufbeantworter oder landet in Warteschleifen; und eine Freundin seiner Frau debattiert zickig über Manieren, statt ihm eine wichtige Nummer herauszugeben. Vom Sarg im Irak aus betrachtet, erscheint Amerika als fernes Land der Neurosen, Bürokratien und Herzlosigkeit. Buried funktioniert auch als ätzender Kommentar zur amerikanischen Kriegsführung mit ihren Kollateralschäden.
Dass der Horror ansonsten so gut funktioniert, liegt an der Kamera von Eduard Grau, der sich viel einfallen lässt, von Kamerafahrten bis zu wilden Drehungen, um Abwechslung auf engstem Raum zu bieten. Und es liegt vor allem auch an Ryan Reynolds, der als schwitzender, schwer atmender Underdog noch im Fastdunkel des Sargs viel Sex-Appeal verströmt und Pauls einsame Verzweiflung hautnah vermitteln kann. Rodrigo Cortés, im Weltkino noch ein Unbekannter, kann die Spannung lange halten. Lediglich im letzten Drittel wird der Film etwas lang. Als Virtuosenstück ist Buried dennoch gelungen.
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