Kritik zu Wilson – Der Weltverbesserer

© 20th Century Fox

Craig Johnson (»The Skeleton Twins«) inszeniert eine Vorlage der Graphic-Novel-Ikone Daniel Clowes (»Ghost World«) mit einem bestaufgelegten Woody Harrelson in der Rolle des unzufriedenen Kindmanns

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Es ist schon erstaunlich. Im wahren Leben macht eigentlich jeder einen riesigen Bogen um Männer in den sogenannten besten Jahren, die immer nur misanthropisch vor sich hin meckern und sich beharrlich zu weigern scheinen, die Realität des Erwachsenenalltags zu akzeptieren. Man will sich ja schließlich nicht dauerhaft die Laune vermiesen lassen. Aber ausgerechnet im Kino scheint der Bedarf an solchen Miesepetern auch nach Dutzenden Filmen mit solchen Protagonisten noch immer nicht gedeckt.

Auch der Titelheld in »Wilson – Der Weltverbesserer« ist nun also so ein Mann, der nur auf der Leinwand Freude bereitet: eigenbrötlerisch, verschroben, meistens motzend und insgesamt einigermaßen seltsam. Wenn Wilson (Woody Harrelson) seinen Drahthaar-Foxterrier Gassi führt, dann nutzt er die Gelegenheit, um Passanten vor den Kopf zu stoßen. Und wenn er im Supermarkt auf eine interessante Frau trifft, kann es schon mal vorkommen, dass seine Kontaktaufnahme darin besteht, ihr bewusst mit dem Auto hintendrauf zu fahren. Als allerdings sein Vater einem Krebsleiden erliegt, stürzt der einsam-zynische Neurotiker in eine Krise. In der Folge macht er seine Exfrau Pippi (Laura Dern, verlässlich sehenswert) ausfindig, die inzwischen als Kellnerin jobbt und sich bemüht, die Finger von den Drogen zu lassen. Nachdem sie Wilson gesteht, dass sie einst ein Kind von ihm bekommen und zur Adoption freigegeben hat, fahren die beiden nach Portland, um mit der inzwischen 17-jährigen Claire (Isabella Amara) – ihrerseits ebenfalls auf den ersten Blick als Außenseiterin auszumachen – Kontakt aufzunehmen. Doch die Familienzusammenführung der etwas ungewöhnlichen Art verläuft natürlich nicht gerade reibungslos.

Dass die gesellschaftlichen Misfits aus der Feder von Graphic-Novel-Ikone Daniel Clowes (der selbst die Drehbuch-Adaption verfasste) durchaus Kino-Potenzial haben, ist schon seit »Ghost World« kein Geheimnis mehr. Doch so gerne wie damals den beiden Schülerinnen sieht man nun Wilson in der Midlife-Krise nicht unbedingt zu. Harrelsons Schuld ist das nicht, denn er stürzt sich mit sichtlicher Freude auf die Rolle des Griesgrams mit den Riesenbaby-Attitüden, und kaum jemand ist besser als er, wenn es darum geht, Unsympathen drollig-charmante Züge zu verleihen.

Dass der letzte Funke nicht recht überspringen will und man Wilsons Weg zum späten Erwachsenwerden eher nur leicht amüsiert denn mit Inbrunst verfolgt, liegt vor allem an der Inszenierung von Craig Johnson. Gelang ihm bei »The Skeleton Twins« die Gratwanderung zwischen komisch, nervig und tragisch noch beinahe spielend, ist »Wilson – Der Weltverbesserer« nun eher eine Sammlung von Vignetten, in denen sich diese Stimmungen nicht immer mischen. Das führt zu wunderbar schrägen und komischen Szenen (unter anderem mit Margo Martindale als Date), doch für mehr fehlt es an emotionaler Tiefe. Was sich vor allem dann bemerkbar macht, wenn Johnson und Clowes gegen Ende unnötig viel Sentimentalität aufkommen lassen.

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