Kritik zu Ich bin tot, macht was draus!

© Camino

Ein belgisches Roadmovie um zwei Altrocker, die nach dem überraschend plötzlichen Tod ihres Bandleaders trotzdem zur letzten Ruhm versprechenden USA-Tournee aufbrechen wollen

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Das graue Pulver in der Tüte, das sei ganz hervorragendes Tanduri Masala. So versichern es die beiden Altrocker Yvan (Bouli Lanners) und Wim (Wim Willaert) dem skeptisch dreinschauenden Flughafenpersonal bei der Gepäckkontrolle. Um alle Zweifel zu vertreiben und jeden Verdacht zu zerstreuen, kippen sie sich großzügig was davon aufs mitgebrachte Pausenbrot und beißen schwungvoll hinein. Und wieder wird Jipés Asche ein bisschen weniger.

Jipé (Jacky Lambert) war der Leadsänger der in die Jahre gekommenen belgischen Hardrockband »Grand Ours« und Yvans und Wims Bandkollege. Wenn er geahnt hätte, was seine Mitstreiter und Freunde nach seinem Tod noch so alles mit seinen sterblichen Überresten anstellen würden, er hätte wahrscheinlich besser aufgepasst und wäre nicht in eine Baugrube gefallen, um dort dann an einem Herzschlag zu versterben. Noch dazu zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, sollten »die großen Bären« doch wenige Tage später zu einer Tour in die USA aufbrechen. Endlich doch noch berühmt …, beinah. Doch dass die Chance verpasst sein soll, sieht der Rest der Band nicht ein und beschließt, dann eben mit Jipés Asche im Koffer aufzubrechen. Schließlich lautet der deutsche Titel dieser belgischen Slowburn-Komödie der Brüder Guillaume und Stéphane Malandrin »Ich bin tot, macht was draus!« Also machen sie was draus. Im Original heißt der Film übrigens »Je suis mort mais j'ai des amis«, was sich übersetzen lässt mit »Ich bin tot, aber ich habe Freunde« und den Nagel nicht weniger auf den Kopf trifft. Wer solche Freunde hat, der braucht sich um seine Totenruhe nicht zu sorgen, wer solche Freunde hat, der wünscht sich vielleicht sogar bald ein Grab, um darin ungestört zu rotieren.

Einstweilen aber geht es über Stock und Stein und ganz sicher nicht nach Plan. Statt in Los Angeles landen unsere Protagonisten in einem kanadischen Kaff namens Schefferville; und während man sich fragt, wo das alles eigentlich hinführen soll, entwickelt sich aus groteskem Blödsinn subtile Hochkomik und aus keinesfalls glaubwürdigen Wendungen eine wahre Geschichte über den Kern echter Freundschaft.

Denn Jipé hatte ein Geheimnis, und vor allem Yvan tut sich schwer damit, es zu begreifen. Der belgische Schauspieler Bouli Lanners verkörpert diese Figur mit einer Mischung aus Grobheit und Sensibilität, die, exakt dosiert, das Schwindelgefühl eines Mannes nachzeichnet, dessen Vorstellungen ins Wanken geraten. Ihm zur Seite steht, in der Rolle des erratisch verpeilten Wim, der flämische Schauspielkollege und Musiker Wim Willaert. Ein Dream-Team aus dem Reich der Nachtmahre, das die gemächlich dahintrödelnde, verzettelte Erzählung immer wieder zum Nahezustillstand bringt, um sodann anarchische Deadpan-Feuerwerke zu zünden, aus denen »Ich bin tot, macht was draus!« seinen emotionalen Tiefgang gewinnt. Sie sind zwei bärtige, gealterte Helden des Rock'n'Roll, vom Tod an eine Wegkreuzung gestellt und von seiner Frage überfordert: Wohin, wenn schon das Woher sich als Holzweg erwies? Darauf gibt es nur eine Antwort: den ersten Schritt.

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