Unbewohnbar

»Homo sapiens« (2016). © NGF

Es sind die Ruinen der Stahlbetonkultur, die der großartige Bildessay von Nikolaus Geyrhalter zeigt, Einkaufszentren, Fabrik- und Bürogebäude, Kirchen, Schlachthöfe oder Gefängnisse in unterschiedlichen Stadien des Zerfalls, mit zerbrochenen Scheiben und klappernden Jalousien, im Wind raschelnden Plastikbahnen und Pflanzen, die manchmal vereinzelt aus Mauerritzen sprießen, dann schon in ganzen Büschen und Gehölzen zurückgebliebenes Mobiliar, Nischen und Gänge überwuchern. Der Titelheld, wir, Homo sapiens, ist nur ganz am Anfang einmal zu sehen, als Bild in einem riesigen Wandmosaik in einer monumentalen Stalinismus und Orthodoxie mischenden Kirche.

In festen, meist symmetrisch komponierten Einstellungen ohne Kommentar verschränken sich in diesen Bildern die Zeiten, das stetig fließende Jetzt und das Damals einer gelegentlich zyklopisch anmutenden Bauwut, deren Maßlosigkeit in dem Moment hervortritt, in dem ihre Resultate ihre Funktionen verloren haben. Wir könnten Geyrhalters Film als Warnung vor einer Katastrophe verstehen, wie eine Sequenz zu Beginn, gefilmt in den menschenleeren Siedlungen rund um Fukushima, nahezulegen scheint. In Wahrheit ist es die archäologische Studie einer seltsamen Spezies, die es nicht vermochte, sich eine ­bewohnbarere Welt zu schaffen.

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