Parental Advisory

»Lotte« (2016). © Martin Neumeyer

Berliner Schnauze, selbstbewusster Gang, provozierende Mimik – Lotte gehört die Stadt. Die junge Krankenschwester treibt, unterstützt von Alkohol und gelegentlichem Drogenkonsum, sorglos durch die Straßen Berlins. Eines Abends begegnet ihr bei einem ambulanten Hilfsdienst für einen befreundeten Kneipier Marcel: ein Stück ihrer Vergangenheit, dem sie sich bis dato entzogen hat. Nachdem sich Lotte schnell wieder von Störfaktor Marcel erholt hat lebt sie ihr Leben weiter als wenn nichts gewesen wäre. Bis sie im Krankenhaus auf ihn und die gemeinsame Tochter stößt. Auch diese Begegnung mit der verstoßenen Tochter schüttelt Lotte schnell wieder ab, doch die 15jährige Greta lässt nicht locker, will ihre Mutter kennenlernen.

Lotte, die sonst alles und jeden abblockt, lässt ihre Tochter langsam und über äußerst eigenwillige Pfade an sich heran. Die erste Kippe, ein wenig Kokain, Wettsaufen mit der Mami – hier wird beim Mutter-Tochter-Bonding dick aufgetragen und den ein oder anderen Helikoptereltern mag dabei tatsächlich noch die Kinnlade herunterfallen. Doch das Bild der durch das eigene Kind heranwachsenden Erwachsenen ist im Kino schon ein wenig abgegriffen und »Lotte« kann hier wenig neues vermitteln. Der Bruch mit der klassischerweise männlichen Rrolle des kindlichen Elternteils erfrischt da ein wenig. Besonders herauszustellen ist die Schauspielleistung von Karin Hanczewski, deren Lotte dem Film neben dem Titel auch Charakter gibt und durchaus Lust auf mehr Geschichten um ihre Figur macht. Die Schauspielerin war auch schon im Vorjahr in der Berlinale-Sektion »Perspektive Deutsches Kino« vertreten. Damals glänzte sie in Tom Sommerlattes »Im Sommer wohnt er unten«.

Der erste Film nach Julius Schultheiß' Abschlussarbeit »Die Filmemacher« (2013) erzählt in seinen 76 Minuten eine nette Berliner Episode und bleibt dem Zuschauer aufgrund seiner starken Hauptfigur im Gedächtnis. Produziert hat Schultheiß auf eigene Kosten und per Crowdfunding-Kampagne auf startnext.com. Ein Vertrieb/Verleih wird noch gesucht und ist dem Film, der sein Publikum sicherlich finden wird, sehr zu wünschen. 

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