Kritik zu Kurzer Prozess – Righteous Kill

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13 Jahre nach »Heat« stehen Robert De Niro und Al Pacino erneut gemeinsam vor der Kamera – als altgediente, desillusionierte Macho-Cops, die auf der Jagd nach einem Selbstjustizmörder noch einmal zeigen dürfen, was sie drauf haben

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Als Michael Mann 1995 die Schauspiellegenden Robert De Niro und Al Pacino erstmals seit »Der Pate II« im selben Film auftreten ließ, war bei manchen Cinephilen eine gewisse Enttäuschung auszumachen – denn in »Heat« haben die beiden gerade mal zwei gemeinsame Szenen. Im Fall von »Righteous Kill« muss man sich über diese Frage keine Sorgen machen: Pacino und De Niro sind Seite an Seite in praktisch jeder Szene des Films zu sehen. Sie spielen zwei altgediente New Yorker Cops, die in den 30 Jahren ihres gemeinsamen Dienstes jede Menge Ungerechtigkeit und straffrei ausgehende Kriminelle erlebt haben. Als sie sich eines Tages mit einer bizarren Mordserie konfrontiert sehen, der ausschließlich Schwerverbrecher zum Opfer fallen, ist schnell klar, dass es sich bei dem Täter um einen Cop handeln muss. Und es dauert nicht lange, bis der Verdacht auf den impulsiven Detective Turk (De Niro) fällt.

Das klingt nach jener Art von urbaner Crime-Story, in der wir De Niro und Pacino eigentlich am liebsten sehen. Genau das haben sich Drehbuchautor Russell Gewirtz und der Regisseur Jon Avnet offenbar auch gedacht – und sich darauf verlassen, dass man sich um Dinge wie Drehbuch oder Inszenierung keine Gedanken mehr machen muss. »Righteous Kill« ist eines der traurigsten Starvehikel seit langem. Gewirtz, der mit dem Heist-Movie »Inside Man« bekannt geworden ist, arbeitet hier allen Ernstes mit Motiven wie dem Killer, der (aus welchem Grund auch immer) stets ein Gedicht (!) am Tatort zurücklässt, und führt den Zuschauer mit einer solchen Unbeholfenheit auf falsche Fährten, dass jeder halbwegs geübte Kinogänger spätestens nach der Hälfte des Films ahnt, wer der wahre Täter ist.

Während Jon Avnet verlässliche Nebendarsteller wie Brian Dennehy oder John Leguizamo achtlos verheizt, dürfen Pacino und De Niro, mit albernen Frisuren und schlecht sitzenden Anzügen ausgestattet, sich in billiger Anspielung auf ihren Status als Leinwandlegenden fortwährend gegenseitig dazu gratulieren, was für Wahnsinns-Cops sie sind. Ansonsten charakterisieren Gewirtz und Avnet die beiden Polizisten als »dirty old macho men«, was vielleicht originell sein soll – aber wollen wir Robert De Niro wirklich bei Vergewaltigungsrollenspielen mit einer 30 Jahre jüngeren Frau zusehen und den lüsternen Al Pacino einer blutjungen Zeugin zuraunen hören, dass sie gerne mal seine »Eier lecken« könne? Und ja, das kommt im Film genauso würdelos rüber, wie es sich hier liest.

Bleibt die Frage, ob De Niro und Pacino nicht genug Erfahrung haben sollten, um ein katastrophales Drehbuch schon nach den ersten Seiten zu erkennen. Ein Blick auf die Filmographien der zwei Stars freilich macht einem schmerzhaft bewusst, dass De Niro seit einigen Jahren wohl vor allem seine Tribeca-Projekte subventionieren muss, während Pacino, wie Francis Ford Coppola unlängst in der »L.A. Times« wetterte, mit den Millionenhonoraren aus den schlechten Filmen »vermutlich seine Matratze unterfüttert«. Es ist eben auch eine Kunst, in Würde zu altern.

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