Interview mit Taylor Sheridan über seinen Film »Wind River«
»Taylor Sheridan«
epd Film: Mr. Sheridan, »Wind River« ist in einem winterlichen Reservat amerikanischer Ureinwohner angesiedelt. Wie kamen Sie darauf, eine Geschichte von dort zu erzählen?
Taylor Sheridan: In meinen Zwanzigern war einer meiner besten Freunde ein Native American, der in einem solchen Reservat aufgewachsen ist. Er nahm mich oft mit dorthin, und mich hat diese Welt fasziniert. Ich war dort natürlich ein Außenseiter, so wie Jeremy Renner alias Cory Lambert im Film. Aber ich habe bis heute viele Freunde dort, und es hat mich über die Jahre immer wieder beschäftigt, wie schlecht die USA mit diesen Menschen umgehen. Wir sind als Nation und Gesellschaft ja seit einiger Zeit damit beschäftigt, uns unseren Dämonen zu stellen. Nur damit, was wir den Indianern angetan haben und bis heute ihren Nachfahren antun, scheinen wir uns irgendwie noch immer nicht auseinandersetzen zu wollen.
Dazu soll Ihr Film ein Beitrag leisten?
Im Idealfall ja, unbedingt. Die Geschichte zu »Wind River« habe ich auch aus einer Wut heraus geschrieben, weil ich zeigen wollte, womit diese Gemeinschaft zu kämpfen hat, in unserem heutigen Amerika. Und dazu kam, dass ich die Themen meiner ersten beiden Drehbücher »Sicario« und »Hell or High Water« wieder aufgreifen wollte: Vaterschaft und das Scheitern als Vater. Das treibt mich als jemand, der selbst Vater ist, nämlich beständig um.
Hatten Sie keine Angst vor Kontroversen? Immerhin erzählen Sie als weißer Amerikaner von dieser Welt – und dann auch noch mit zwei weißen Protagonisten.
Die Frage ist sehr berechtigt, und natürlich habe ich mich damit beschäftigt. Aber ich brauchte die Außenseiterperspektive des Helden, denn die deckte sich nun einmal mit meiner. Ich kenne diese Welt, aber eben nur aus diesem Blickwinkel. Einen anderen einzunehmen, wäre vermessen gewesen. Und gar nicht über diese Community zu erzählen, war für mich auch keine Option, schließlich ist sie – zumindest bis zu einem gewissen Grad, als Freund – Teil meines Lebens. Dazu kommt natürlich, um noch mal kurz auf die Hauptdarsteller zu sprechen zu kommen, die harsche Realität des Filmgeschäfts. Eine Independent-Produktion wie diese bekommt man nur mit Stars finanziert, und in dieser Riege gibt es leider noch keine indianischen Schauspieler.
Wussten Sie schon beim Schreiben, dass Sie mit diesem dritten Drehbuch auch Ihr Regiedebüt geben würden?
Definitiv. Dieses Mal war es keine Option, die Geschichte aus der Hand zu geben. Nicht dass ich mit den Regisseuren der anderen beiden unzufrieden gewesen wäre. Im Gegenteil sind Denis Villeneuve und David Mackenzie, so unterschiedlich sie sind, beide brillante Filmemacher. Und so stolz ich auf »Wind River« auch bin: Wer weiß, ob nicht Scorsese nicht noch einen besseren Film daraus gemacht hätte!
Was war denn letztlich beim ersten Mal hinter der Kamera die größte Herausforderung?
Natürlich gab es mehr davon, als ich je aufzählen könnte. Aber die größte war sicherlich das Wetter. Schnee verändert alles, vom Arbeitstempo bis hin zu den Bewegungen der Schauspieler, die in solchen Schneemassen zwangsläufig langsamer werden. Und ich sah mich gezwungen, »Wind River« einen Look zu verpassen, der eigentlich nicht mein bevorzugter ist. In meiner Idealvorstellung lebt ein Film von sehr ausgewählten Kamerafahrten. Doch die konnte ich in diesem Fall über Bord werfen, denn in so hohem Schnee lassen sich keine Kameraschienen verlegen. Also musste mein Kameramann Ben Richardson dann doch auf Handkameras zurückgreifen. Aber ich glaube, dass wir aus der Not eine Tugend gemacht haben.
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