25. Filmfestival Cottbus
Das Trauma des Krieges – Das Filmfestival Cottbus, in diesem Jahr zum 25. Mal, ist ein Schaufenster für die Filmländer Mittel- und Osteuropas
Das Filmfestival Cottbus ist im 25. Jahr nach seiner Gründung zu einem der publikumswirksamsten Kulturereignisse der Region herangewachsen. 20 000 Besucher zählte das Festival an mehreren Schauplätzen in der südbrandenburgischen Universitätsstadt, darunter die Stadthalle und das wunderschöne, frisch restaurierte Jugendstilkino »Weltspiegel« sowie die Kammerbühne des weit über die Region hinaus bekannten Staatstheaters – Orte, die jeweils ihr besonderes Publikum anzogen.
Seine einst blühende Textilindustrie hinterließ Cottbus eine stattliche Anzahl Jugendstilbauten, die anders als in der grauen behelfsmäßigen Gründungsära des Festivals trotz großer Baulücken heute im Stadtbild glänzen. Wer indes alle Sektionen des Festivals, darunter die Kinderfilme, spezielle Reihen zur gegenwärtigen polnischen und russischen Filmproduktion, osteuropäische Kurzfilmprogramme oder Specials zu aktuellen und historischen Schwerpunkten besuchen wollte, musste seine Spaziergänge von zehn Uhr morgens bis spät in die Nacht in die kurzen Wegstrecken zwischen den Film- und Festorten des Festivals teilen.
Cottbus behauptet als Vorläufer des Wiesbadener »goEast«-Festivals seinen Platz unter den Festival-Schaufenstern für das neue ost- und südosteuropäische Kino, dessen imaginäre und reale Grenzen weit interpretiert auch Kasachstan und Kirgisistan einschließen. Zudem treffen sich wie bei vielen Festivals längst auch hier Produzenten und Filmemacher aus diesen Regionen mit möglichen Geldgebern, um auf dem Koproduktionsmarkt co:co über mögliche Kooperationen untereinander oder mit mitteleuropäischen Geldgebern zu verhandeln.
»Mittagssonne«, eine kroatisch-serbisch-slowenische Koproduktion des kroatischen Regisseurs Dalibor Matanić, ein einstiges co:co-Projekt, gewann im Jubiläumsjahr den Hauptpreis des Wettbewerbs – neben der auf die sorbische Tradition von Cottbus anspielenden Glasstatuette Lubina auch ein Preisgeld über 25 000 Euro, das zu gleichen Teilen an die Regie und die Produktion geht und von der Gesellschaft zur Wahrung von Film- und Fernsehrechten gestiftet wird. Insgesamt luden gestiftete Preisgelder in Höhe von annähernd 80 000 Euro zur Teilnahme am Festival ein, sie sind anders als bei den großen Filmfestivals auch eine handfeste Unterstützung für Filmschaffende, deren herausragende Produktionen nur selten Zugang zu geldwerten internationalen Vertriebs- und Verwertungsmärkten gewinnen können.
»Mittagssonne« schildert eine emotionale tour de force durch die dramatische Konfrontation dreier nicht zueinander findender Paare, in denen das Trauma des Balkankrieges unter jungen Kroaten und Serben der zweiten Generation verhängnisvoll nachwirkt. Wie erstaunlich viele Festivalbeiträge überträgt auch Dalibor Matanić die visuelle Wucht sprachloser seelischer Versehrung in einen endlosen Fluss atmosphärischer Kamerabilder, die den Personen auf den Leib rückt, ihnen durch gleißendes Sommerlicht bis in dunkle Schatten und die Nacht auf den Fersen bleibt. In drei unabhängigen, jedoch von denselben Darstellern verkörperten Episoden erzählt »Mittagssonne« vom Ausbruch einer jungen Kroatin aus der Ehe mit einem gewalttätigen Polizisten und der Tötung ihres serbischen Liebhabers, einem Akt, in dem sich Hass und Eifersucht unter den Männern an der Trennlinie zwischen ihren ethnisch separierten Dörfern ununterscheidbar entladen. In der zweiten Episode verkörpert Tihana Lazovic, die in Cottbus auch den Preis für die beste schauspielerische Leistung entgegennahm, ein junges Mädchen, das mit seiner Mutter in das zerstörte Haus ihrer Kindheit zurückkehrt, dort jedoch wie im Furor von der Erinnerung an die Ermordung ihres Bruders eingeholt wird und ihre hilflose Wut mit allen Triebkräften auf einen jungen Serben richtet, der in der aufreizenden Sommerhitze die Ruine von Mutter und Tochter wieder instandzusetzen versucht. Einen Funken Hoffnung deutet die dritte Episode an, in der ein kroatischer Student aus Split den Weg zurück in sein Herkunftsdorf sucht, wo ihm seine ehemalige Freundin die Schuld am tödlichen Angriff auf ihre serbische Familie kaum verzeihen kann.
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