Dämonisch
Dominik Graf rasiert sich vor einem Spiegel, die Kamera schaut ihm über die Schulter ins Gesicht.
Auch Robert Graf, der Schauspieler, sein Vater, rasiert sich vor einem Spiegel, eine Szene aus dem Film Jonas von 1956. Wieder beobachten wir das Gesicht. Der Vater ist in dieser Parallelmontage jünger als der Sohn. Dominik drehte den Porträtfilm 1997, zusammen mit Michael Althen.
Dominik war 13, als Robert 1966 im Alter von nur 42 Jahren starb. Der Film ist sein Versuch, sich dem Vater zu nähern, sein wirkliches Wesen zu finden, im
Gesicht, in den Gesten, in der Sprache. Zugleich ist er ein intelligenter und bewegender Essay zur Theater-, Film- und Zeitgeschichte der fünfziger und sechziger Jahre. Der Kritiker Joachim Kaiser und der Regisseur August Everding, beide mit dem Schauspieler befreundet, beteiligen sich an der Spurensuche, auch Selma Urfer, die Ehefrau, oder Hans Abich, Produzent von Wir Wunderkinder , Grafs bekanntestem Film.
Kaiser erinnert sich an das magisch-dämonische Aussehen Grafs, der aber ein vollkommen realistischer Nervenschauspieler gewesen sei. Wer das Glück hatte, Graf damals im Kino oder an den Münchner Kammerspielen zu sehen, wird ihn wohl nicht vergessen können. In ihm steckten noch die Wunden des Krieges, er litt an einer schweren Verletzung des linken Arms. In den Neuen Deutschen Film oder das Regietheater hätte er kaum hineingepasst, so die These des Porträts, aber mit Alexander Kluge oder dem jungen Peter Stein hätte er sich sicher verstanden.
Wilhelm Roth
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