Kritik zu Voll verschleiert

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2017
Original-Titel: 
Cherchez la femme
Filmstart in Deutschland: 
28.12.2017
V: 
L: 
87 Min
FSK: 
6

Die iranische Regisseurin Sou Abadi unterläuft mit der autobiografisch angehauchten Cross-Dressing-Komödie die ritualisierte Frauen­verschleierung im konservativen Islam

Bewertung: 4
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Das Motiv der islamischen Verschleierung hat im französischen Kino eine gewisse Tradition. In Riad Sattoufs »Jacky im Königreich der Frauen« tauschten Männer und Frauen die Rollen, wodurch der Schleier der Absurdität preisgegeben wird. An diese Groteske knüpft Sou Abadi mit ihrem Spielfilmdebüt nahtlos an. Ihre Komödie »Cherchez la femme« mit dem etwas unglücklichen deutschen Titel »Voll verschleiert« ist eine augenzwinkernde Verbeugung vor »Some Like It Hot«. Wie in Billy Wilders Klassiker muss der Student Armand sich in einer Notlage als Frau verkleiden. Und wie Jack Lemmon erweckt sein Crossdressing ein ungewolltes Begehren. Doch der Reihe nach.

Armand (Félix Moati) und seine Freundin Leila (Camélia Jordana) wollen eigentlich nach New York. Doch daraus wird nichts. Leilas Bruder Mahmud (William Lebghil) ist gerade aus dem Jemen zurückgekehrt, wo er sich zum Fanatiker radikalisiert hat. Er verbrennt den Pass seiner Schwester und sperrt sie zu Hause ein. Armand will seine Freundin aber weiterhin sehen. Also schlüpft er in eine Niqab, jene sackartige Vollverschleierung, bei der nur das Augenpaar durch einen Schlitz zu sehen ist. Mit verstellter Stimme gibt er vor, Mahmuds Schwester in religiösen Dingen zu unterweisen. Seine Zitate aus »Die Konferenz der Vögel«, ein Text der persischen Mystik des 12. Jahrhunderts, faszinieren den Islamisten allerdings so sehr, dass er sich in die vermeintliche Frau verliebt.

Auf den ersten Blick erscheint diese Verwechslung unglaubwürdig und albern, zumal Armand sich auch noch Scheherazade nennt, nach der Hauptfigur aus 1001 Nacht. Doch je mehr Sou Abadi überzieht, desto mehr trifft sie den Punkt. Wenn der Turbo-Muslim sich scheinbar unwissentlich in einen Mann verliebt, so spießt die Regisseurin mit diesem homoerotischen Subtext ein hausgemachtes Kardinalproblem der im Islam institutionalisierten Frauenunterdrückung auf. Viele solcher komisch zugespitzten Beobachtungen sind autobiografisch motiviert. Die 1968 im Iran geborene Regisseurin hat als Teenager noch die Sittenpolizei des Khomeini-Regimes miterlebt. Ihren Dokumentarfilm »S. O. S. Teheran« konnte sie 2002 im Iran nur unter einer Burka drehen. Dabei erlebte sie unfreiwillig jenen Slapstick, der ihrer Filmfigur Armand nun widerfährt.

In der schönsten Szene stolpert der verschleierte Armand in einen Linienbus, in dem die Fahrgäste erschrocken zusammenzucken. Wie der Chor im antiken Drama wenden sich die Frauen nach und nach an die vermeintliche Muslima mit ihren Appellen: »Nur weil ich kein Kopftuch trage, bin ich keine Schlampe.« In solchen Momenten versprüht die kurzweilige, gut gespielte Komödie, die weit davon entfernt ist, islamophob zu sein, die Leichtigkeit eines Monthy-Python-Sketchs. Schade nur, dass man im deutschen Kino kaum etwas Vergleichbares findet.

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