Kritik zu Timgad
Mit märchenhaften Elementen versetzt Fabrice Benchaouche die Geschichte einer algerischen Fußballmannschaft, die sich in der dörflichen Umgebung zwischen den antiken Ruinen der Berberstadt Timgad gründet
Regisseur Fabrice Benchaouche hat sich einen geschichtsträchtigen Ort als Kulisse für sein Spielfilmdebüt ausgesucht. In Timgad, wie die mitten in der staubigen algerischen Wüste gelegene ehemalige römische Stadt Thamugadi heute heißt, ragen die Überreste der alten Bauwerke in den Himmel. Das passt jedenfalls gut zu seiner Komödie »Timgad«, schließlich begegnet der aus Paris stammende Sohn eines algerischen Vaters und einer französisch-belgischen Mutter den historischen Ruinen als klassischer Geschichtenerzähler.
»Timgad« ist nämlich ein modernes Märchen, wie gleich zu Beginn klar wird: In einem wunderbar verträumten Tableau wandert eine Mondsichel über den sternenbeleuchteten Nachthimmel, darunter ein an einen Hang geschmiegtes Dorf, in dem gerade zwölf Kinder geboren werden. »Die Söhne eines Tages« werden sie genannt, wobei die Tochter Naïma (Fella Benini) des Lebensmittelhändlers Larbi (Lofti Yahya Jedidi) bewusst unterschlagen wird. Diese heilige Nacht bringt den laizistischen Dorflehrer Mokhtar (Sid Hamed Agoumi) näher an seinen Traum von einer eigenen Fußballmannschaft. Elf Jahre später spielen denn auch alle Jungs bei »Juventus Timgad«. Der Club hat kein Geld, von Erfolgen ganz zu schweigen. Aber Mokhtar ist hartnäckig und kann Larbi als Sponsor und den französischen Archäologen Jamel (Mounir Margoum), Ex-Fußballer, als Trainer gewinnen. Das Team will es zur Jugendmeisterschaft nach Marseille schaffen.
»Timgad« entwickelt sich zu einer dieser klassischen Sportgeschichten, wie es sie zuhauf gibt. Da gibt es mit dem Nachbarverein Batna und dem neureichen Manager Archour (Samir El Hakim) einen gepflegten Erzfeind; nach ersten Siegen droht die Mannschaft zu zerbrechen; dann, auch das keine große Überraschung, springt die natürlich fußballtalentierte Naïma heldenhaft als Junge verkleidet ein; nach einigen Aufs und Abs dann Ende gut, alles gut.
Benchaouches Film macht aber dennoch Spaß. Es ist zum Schmunzeln und einfach sympathisch, wie der Regisseur den bekannten Topos mit märchenhaften Elementen anreichert und in den dörflichen Kontext verlegt. Von besonderer Natur sind denn auch die Hürden, die das Team zu meistern hat. Gespielt wird in löchrigen Trikots auf staubigen Plätzen mit klapprigen Toren, die von Ziegen gefressenen Fußballschuhe werden kurzerhand durch aufgemalte Exemplare ersetzt. Eine Liebesgeschichte darf da natürlich auch nicht fehlen. Zuckersüß inszeniert Benchaouche die Anbandelung von Jamel und Mustaphas (Axel Bakouri) verwitwerter Mutter Djamila (Myriem Akheddiou).
Die Schrecken und Folgen des algerischen Bürgerkriegs zwischen der Regierung und islamistischen Gruppierungen wehen durchgehend mit – »Das sind alles 9/11er«, brummt Mokhtar etwa einmal über den Dorf-Imam –, auch kritisiert Benchaouche überkommene Werte und Rollenbilder und nimmt die Globalisierung aufs Korn. Dennoch formuliert Timgad keine fundierte Kritik, sondern ist ganz klar filmischer Eskapismus. Es darf schließlich auch noch geträumt werden.
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