Kritik zu Summer Wars

© AV Visionen

2009
Original-Titel: 
Samâ uôzu
Filmstart in Deutschland: 
12.08.2010
L: 
114 Min
FSK: 
12

Japanische Teenager und parallele Welten, alte Matriarchinnen und böse Avatare treffen in Mamoru Hosodas Animationsfilm aufeinander

Bewertung: 3
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Das große Holzhaus mit Terrassen und Shoji-Türen ist im traditionell japanischen Stil gebaut, bewohnt wird es von einer alten Dame mit weitreichendem aristokratischen Stammbaum und der dementsprechend weitverzweigten Verwandtschaft, die zu ihrem 90. Geburtstag anreist. Geschichtslos dagegen erscheint OZ, ein virtuelles Großreich, dessen Name zwar filmhistorisch prominent besetzt ist, hier aber statt von Hexen und Munchkins von Avataren bewohnt wird, die sich – opulent ausgestattet und bewaffnet – in aufwendigen Schwert- und Martial-Arts-Turnieren duellieren. Doch OZ ist gleichzeitig eine Art Super-Google, das mit unzähligen digitalen Tentakeln die reale Infrastruktur des Landes (und der Welt?) beherrscht. Als sich ein bösartiger Avatar unter dem Namen »Love Machine« selbstständig macht und beginnt, gewaltsam immer größere Teile der Netzwelt an sich zu reißen, drohen Telekommunikation und Energiesysteme zu versagen. Auf den Straßen stauen sich die Autos Hunderte von Kilometern. Und dann steuert eine abstürzende Raumsonde geradewegs auf Großmutter Jinnouchis Haus zu.

Das ist nicht die einzige Verbindung zwischen dem randalierenden Avatar und der japanischen Großfamilie. Kenji etwa ist ein Mathegenie und arbeitet neben der Schule als Betreuer für OZ. Als der Spätpubertist von Mitschülerin Natsuki angeheuert wird, um beim Geburtstag ihrer Großmutter den »perfekten Verlobten« darzustellen, liegt ihm das zwar gar nicht, scheint aber harmlos. Doch dann taucht sein Gesicht plötzlich als Hintermann der virtuellen Revolte in den Fernsehnachrichten auf. . .

Regisseur Mamoru Hosoda und Autorin Satoko Okudera haben schon 2006 in Hosodas Regiedebüt »Das Mädche, das durch die Zeit sprang« virtuos mit den erzählerischen Ebenen gespielt. »Summer Wars« bringt jetzt mit Lust und einigem Humor disparate Welten zusammen, die auch künstlerisch in unterschiedlicher Manier ausgeführt sind: Landschaften und Architektur sind von Youji Takeshige in fast fotorealistischer Manier entworfen, während die Figuren von Yoshiyuki Sadamoto Manga-Niedlichkeiten mit einem Hauch von Jugendstileleganz verbinden und es in OZ selbst wie im siebten Himmel zeichnerischen Übermuts zugeht. Der auf dem grässlichen Höhepunkt seiner Macht stehende, mit Avataren vollgefressene »Love Machine« sieht aus wie ein riesiger Fliegenschwarm in Godzilla-Formation. Plotmäßig ist die Quelle des Bösen im Hintergrund eindeutig gestaltet. Nur so viel: Es ist nicht Al Quaida, sondern eine andere mächtige Organisation. Leider geht die klare anti-amerikanische Breitseite des Films mit einer fast staatstragenden Anbiederung daher, was die einheimische Gesellschaft angeht. Und auch die in vielen Mangas so schön exzentrischen Geschlechterrollen sind hier einschließlich der Matriarchin ziemlich bieder besetzt.

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