Kritik zu Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones
In Scott Franks unterkühltem Detektivthriller macht ein gewohnt starker Liam Neeson Jagd auf zwei abscheuliche Serienkiller
Eine Zeitreise, in gleich mehrfacher Hinsicht. Die Geschichte beginnt 1991 mit einem harten und prägnanten Vorspiel, das den von Liam Neeson gespielten Matt Scudder als trinkfesten und schießwütigen Cop etabliert. Dabei lädt er so viel Schuld auf sich, dass er noch am selben Tag dem Alkohol und dem Polizeidienst abschwört. Acht Jahre später, kurz vorm angstbesetzten Jahrtausendwechsel, büßt er immer noch für seine Sünden. Als Privatdetektiv ohne Lizenz macht er im finster-eisigen New York Schnüfflerdrecksarbeit, ein geläuterter Eremit zwischen Gosse, Unterwelt und Anonymen Alkoholikern.
Das alles verweist, natürlich, auf eine viel weiter zurückliegende Zeit, auf die Schule der Hardboiled-Autoren und den Film noir, auf Sam Spade und Philip Marlowe, die der Film explizit erwähnt, leider gleich mehrfach. In seiner zweiten Regiearbeit evoziert der vor allem als Drehbuchautor bekannt gewordene Scott Frank (Out of Sight, Minority Report) die fatalistische Aura des US-Kinos der vierziger und fünfziger Jahre, eine schäbige, hoffnungslose Welt aus Gewalt und Einsamkeit. Auf Action und Spannung verzichtet er dabei abgesehen von der wuchtigen Ouvertüre und dem rustikalen Finale fast komplett: Seine Erzählung setzt ganz auf Atmosphäre und Charakter, was A Walk Among the Tombstones zu einem angenehm altmodischen, streckenweise aber auch recht ereignislosen B-Movie macht.
Die Story ist purer Pulp. Scudder, Held der Romane von Lawrence Block, erhält von einem Drogendealer (Dan Stevens), dessen Frau entführt und trotz Lösegeldzahlung ermordet wurde, den Auftrag, die Killer ausfindig zu machen. Scudder hat zwar keine Ahnung von den Errungenschaften des Medienzeitalters – Internet und Mobiltelefone –, aber recherchieren kann er. Schon bald steht für ihn fest, dass es sich bei den Tätern um Serienmörder handelt, die stets nach demselben blutigen Schema agieren. Als Drehbuchautor trifft Frank dabei zwei gravierende Fehlentscheidungen. Zum einen stellt er Scudder mit dem jungen Streuner TJ (Brian Bradley) eine Mischung aus Assistent und Schutzbefohlenem zur Seite, was zu einigen ermüdenden pädagogisch angehauchten Dialogszenen führt. Zum anderen wechselt der Film, der zunächst konsequent die Blickrichtung des Ermittlers einnimmt, schon früh die Perspektive und gibt die Identität seiner beiden psychopathischen Gegenspieler preis. Spätestens danach ist es ein Thriller ohne Thrill.
So vermag sich der Zuschauer weitgehend auf die Darbietung Liam Neesons zu konzentrieren, die zwar auch keine Überraschungen parat hält, aber doch auf überzeugende Weise den gewohnten Typus variiert. Neeson ist mit seinen 62 Jahren inzwischen eine verlässliche Genrepräsenz wie einst Mitchum oder Wayne, ein viriles Monument, das die große Kunst der scheinbar mühelosen Darstellung beherrscht. Diese tapfer den Schmerz wegsteckenden, desillusionierten und trotzdem um Würde ringenden Typen darf er getrost nonstop weiterspielen.
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