Kritik zu Rosas Hochzeit

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Mit beschwingter Leichtigkeit erzählt die spanische Regisseurin von dem ungewöhnlichen Befreiungsschlag einer 45-Jährigen: witzig, absurd und ergreifend

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Icíar Bollaín faszinieren starke und zugleich widersprüchliche Frauen: In »Te doy mis ojos« (2003), der sieben Goyas erhielt, porträtierte sie eine misshandelte Frau, der es lange nicht gelingt, ihrer ehelichen Hölle zu entkommen. Auch den Peiniger zeichnet sie als zwiespältige Persönlichkeit. In »El Olivo – Der Olivenbaum« erzählte sie von einer jungen Frau, die den mehr als 200 Jahre alten Olivenbaum ihres Großvaters zurück nach Spanien holen will. Vater und Onkel hatten ihn nach Deutschland verkauft. Sie tut dies nicht nur für ihren Großvater, sondern auch, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. 

In »Rosas Hochzeit« nun widmet sich die spanische Regisseurin und Schauspielerin einer 45-Jährigen, die gar nicht so stark ist, wie alle es aber glauben: Der von der Frau verlassene Bruder (Sergi López) lädt seine Kinder bei ihr ab, die Freundin ihren Kater, der Nachbar seine Grünpflanzen, der alleinstehende Vater (Ramon Barea) will bei ihr einziehen und eine Filmproduktion verlangt ihr als Kostümbildnerin auch schon mal Nachtschichten ab – bis Rosa (Candela Peña) ausbricht und beschließt, sich selbst das Jawort zu geben.

Als vor zwei Jahren eine Hamburgerin wohl als Erste in Deutschland einen eheähnlichen Segen in einer Kirche erhielt, war das Phänomen in anderen Ländern schon etabliert: In den USA als Akt der Selbstliebe, in Japan, um den Singlestatus loszuwerden. Von Narzissmus war da auch gern die Rede. Bollaín jedoch legt ihre Sozial- und Gesellschaftskomödie als Emanzipations- und Befreiungsgeschichte an. Nach Jahren der Aufopferung will Rosa ihrer Familie und sich selbst klarmachen: Jetzt komme ich an erster Stelle. Allerdings lässt sie ihre Familie lange im Unklaren über die Art ihrer Hochzeit in dem hübschen Küstenort Benicàssim. Schon sind Rathauszeremonie, Blaskapelle und die Verwandtschaft aus Pamplona organisiert, was die Absurdität noch einmal steigert.

Mit zärtlichem Wohlwollen, feiner Ironie, aber auch einer gewissen Klischeehaftigkeit zeichnet Bollaín ihre Figuren: Rosas mondäne Schwester (Nathalie Poza), die ein Alkoholproblem hat, ihren Bruder, dessen Ehe zerbricht, ihre Tochter (Paula Usero), die mit ihren Zwillingen zurück zur Mutter will, und dann eben Rosa, die sich von der gestressten Kostümbildnerin in Latzhosen in Valencia zur sinnlichen Schneiderin im pittoresken Mittelmeerstädtchen wandelt. 

Die alte Schneiderei ihrer Mutter, der fast zärtliche Umgang mit Stoffen, die strahlenden Farben des Mittelmeers verleihen dem Ganzen eine faszinierende Sinnlichkeit. Zugleich treibt Rosa den Zuschauer mit ihrem mangelnden Durchsetzungsvermögen, ihrer Sprach- und Machtlosigkeit gegenüber den Menschen, die ihr am nächsten stehen, fast in den Wahnsinn. Was zugleich ihre Ambivalenz zum Ausdruck bringt zwischen gesunder Selbstachtung und ausbeuterischer Aufopferung. Absehbar ist die Geschichte, doch die Botschaft kommt an – ohne radikalfeministische Härte, dafür mit beschwingter, absurder und teils auch nervtötender Komik.

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