Kritik zu On the Rocks
In Sofia Coppolas für Apple produziertem Film spielt Bill Murray einen leicht übergriffigen Vater, dem man das leicht problematische Verhältnis zur Tochter verzeiht, weil Bill Murray ihn spielt
Es beginnt mit einem leichten Gruseln. Noch ist nichts zu sehen, die Leinwand (oder der Bildschirm, je nachdem) schwarz. Eine Männerstimme ist zu hören, im Tonfall freundlich, aber bestimmt. »Und denk dran: Schenk dein Herz nicht irgendwelchen Jungs. Du gehörst mir, bis du heiratest. Und dann gehörst du immer noch mir.« Pause. Ein Mädchen, verunsichert: »Okay, Dad.« Freilich gelten mildernde Umstände, wenn die Stimme dieses Vaters Bill Murray gehört, der das in seiner unverwechselbaren, scheinbar ironischen, nie ganz einzuordnenden Art spricht. Und tatsächlich inszeniert Sofia Coppola die Vater-Tochter-Beziehung als fluffig-charmante Generationenkomödie, die harmloser wirkt, als die Geschichte, die sie erzählt.
Diese Übergriffigkeit wird Laura (Rashida Jones) begleiten. Auch als sie längst erwachsen ist, Buchautorin, verheiratet und Mutter zweier Mädchen, mischt sich Daddy immer noch in ihr Leben ein. Nennt sie Kleine, Süße, Kind . . . Eine andere hätte ihn womöglich längst in seine Schranken gewiesen, sich abgenabelt, aber Laura, aus privilegiertem, linksliberalem Haus, hat nie gelernt zu rebellieren. Auf ihren Vater, den weit gereisten Galeristen mit Dandy-Attitüde und zahlreichen Affären, reagiert sie allenfalls mit Augenrollen oder mal einem kleinen Rüffel, grundsätzlich infrage stellt sie ihn nie. Eine Beziehung auf Augenhöhe ist es kaum. Laura ist noch immer die kleine Tochter, trotz Karriere, schicker Wohnung in Manhattan und eigener Familie.
Als sie erwähnt, dass ihr Mann Dean (Marlon Wayans) immer öfter Überstunden mit einer neuen Kollegin macht, wittert Daddy eheliche Untreue und setzt alle Hebel in Bewegung, um der Sache auf den Grund zu gehen. Und damit kommt dann etwas skurriler Witz und amüsanter Schwung in die Handlung, die beiden streifen als ulkiges Ermittlerduo durch New Yorks angesagte Restaurants und geschmackvoll distinguierte Lofts der urbanen Ostküsten-Intelligenzija. Und langsam wird auch Laura leicht unwohl dabei, wie fremdbestimmt ihr Leben ist, und es deutet sich ein zarter Versuch der Emanzipation an, der sich aber schnell und irritierend salopp wieder in Wohlgefallen auflöst.
Ist wirklich plötzlich alles gut, weil Daddy sich als der eigentliche Kindskopf entpuppt? Lauras Probleme, die Schreibblockade, die Traurigkeit? Vielleicht will uns Sofia Coppola aber auch einfach sagen, die Dinge nicht ganz so ernst zu nehmen und mehr die schönen Seiten des Lebens zu genießen. Es lässt sich natürlich trefflich darüber spekulieren, was das alles mit der Filmemacherin und ihrem eigenen Vater, Regielegende Francis Ford Coppola, zu tun hat. In ihrer uneindeutigen Erzählhaltung lässt sie diese Lesart zumindest offen. Eine Familienangelegenheit jedenfalls ist auch ihr siebter Spielfilm (und der erste für Apple+, wo die Komödie nach drei Wochen Kinoeinsatz zu sehen sein wird): Produziert hat ihn Bruder Roman, der Soundtrack stammt einmal mehr von Phoenix, der französischen Popband ihres Ehemanns Thomas Mars.
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