Kritik zu Rafiki
Kenia wollte den Film, der die Liebe zwischen zwei Mädchen zum Thema macht, nicht für den Auslands-Oscar vorschlagen, dabei versucht Regisseurin Wanuri Kahiu in ihrem Film bewusst, die Klischees von Afrika als Kontinent des Leids zu bekämpfen
Jede Bewegung braucht einen Namen. Afro-Bubblegum ist der Name der Firma, die die Regisseurin Wanuri Kahiu in Nairobi mitbegründete und die Filme, Musik und Mode produziert. Kreative aus allen Sparten kommen hier zusammen, um an einer Vision zu arbeiten. Denn vor allem steht Afro-Bubblegum für ein anderes, fröhlicheres Afrika. Das hat mit Schönfärberei jedoch nichts zu tun, im Gegenteil. In »Rafiki« erzählt Wanuri Kahiu von einer vorsichtigen und gefährlichen Liebe zwischen zwei jungen Frauen in einem Land, das Homosexualität unter hohe Strafen stellt. Und dass beide Töchter von konkurrierenden Politikern sind, ist mehr als nur ein Witz am Rande. In Kenia braucht es viel Mut dafür, so einen Film zu drehen; er wurde folgerichtig auch erst mal verboten. Dann wurde er als erster Film Kenias zum Festival nach Cannes eingeladen, und die Regisseurin erreichte durch Klage die Lockerung des Aufführungsverbots. Das ist nicht nur ein künstlerischer, sondern vor allem ein gesellschaftlicher Erfolg.
»Rafiki« ist Suaheli und bedeutet Freund und Freundin gleichermaßen. So bleibt die geschlechtliche Identität, ähnlich wie bei dem englischen Wort »partner«, das in der Queer-Szene gebräuchlich ist, unerwähnt. Dazu hat Wanuri Kahiu die Kurzgeschichte »Jambula Tree« der ugandischen Autorin Monica Arac de Nyeko auf kenianische Verhältnisse umgeschrieben. »Gute kenianische Mädchen werden gute kenianische Ehefrauen«, heißt es im Film. Nachdem der Vater die Familie verlassen hat, lebt Kena mit ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung. Sie lernt eifrig, denn sie will Krankenschwester werden. Dabei wehrt sie sich nicht gegen die Erwartung, still zu sein und sich dem Willen der Männer zu fügen. Allerdings spielt sie lieber mit den Jungen Fußball als sich mit den Mädchen über Mode zu unterhalten. Bis die hübsche und wohlhabende Ziki in ihr Leben tritt und Kena deutlich zeigt, dass ihr Interesse tiefer geht. Beide stehen nun vor der Wahl, ihre Liebe zu verbergen oder für ihr gemeinsames Glück zu kämpfen.
»Rafiki« ist ein aufrüttelnder und doch auch positiver Film, der die Gewalt, der Homosexuelle in Kenia ausgesetzt sind, nicht ausspart. In schriller Buntheit zeigt er Menschen, die sich ihren Weg nicht vorschreiben lassen. Selbst als die beiden Frauen von einem aufgebrachten Mob verprügelt werden, gibt Kena nicht auf. Die nach außen doch so forsch wirkende Ziki hingegen verrät ihre Liebe, gehorcht ihren reichen Eltern und geht gebrochen nach London. Trotz dieser drastischen Entwicklung zeigt der Film auch, dass es in Kenia, wie in allen patriarchalischen Gesellschaften, immer noch einfacher ist, wenn Frauen Frauen lieben, als wenn sich ein homosexueller Mann outet. Im Film tritt ein schwuler Mann auf, der offen von allen beschimpft und ausgeschlossen wird und dazu schweigt. Er sagt im ganzen Film bedeutsam kein einziges Wort. Jede Aussage, egal in welche Richtung, hätte auch die Regisseurin in Gefahr gebracht. Dabei ist es nicht die Klage, die diesen Film bestimmt, sondern eine mandarinenrote Fröhlichkeit und der Triumph des kleinen Glücks auf einem von Krieg und Korruption gebeutelten Kontinent.
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