Kritik zu Mutter

© Mindjazz Pictures

Carolin Schmitz lässt acht Frauen von ihrem Muttersein erzählen, eine einzige verkörpert sie: die großartige Anke Engelke

Bewertung: 3
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Es ist eine Szene, die verwirrt, mit der Carolin Schmitz' »Mutter« beginnt: Da sitzt eine Frau in der ­Badewanne, etwas altmodisch sind die bordeauxroten Kacheln, überhaupt das ganze Interieur. Die Frau seift sich ein, wäscht sich die Haare, erzählt von ihrer Frigidität in jungen Jahren, ihrer Beziehung zu einem sexsüchtigen Mann, dessen Trieb sie stoisch, fast gleichgültig über sich ergehen ließ. Es scheint Anke Engelke zu sein, doch etwas stimmt nicht. Es ist die Stimme, die nicht zu der angesehenen Schauspielerin, Moderatorin, Comedian und Synchronsprecherin passt. 

Anke Engelke gibt acht verschiedenen Frauen im Alter zwischen 30 und 75 Jahren ihr Gesicht, wird zu ihrem Sprachrohr. Die Stimmen aber stammen von diesen Frauen, die alle von ihren meist ambivalenten Gefühlen des Mutterseins berichten. Es ist eine eigenwillige, eine höchst artifizielle Dokumentation, die sich dem seit einigen Jahren immer wieder sehr kontrovers thematisierten Komplex der Mutterschaft widmet.

In der zweiten Szene steht Anke Engelke in einem sehr weißen, modernen Schlafzimmer vor einem Schrank und zieht sich an, um wenig später in einen altmodischen roten Honda einzusteigen. Es sind Bilder, Stimmen und Geschichten, die nur schwer zusammenzubringen sind. Denn Anke Engelke vereint all diese acht verschiedenen Frauen, ohne eindeutig die Orte, die Kleidung oder die Tätigkeit zu verändern, sie gehen vielmehr ineinander über. Es bedarf eines sehr genauen Blickes und höchster Aufmerksamkeit, diese zu unterscheiden. 

Zwar ändern sich Stimmen und Geschichten, und auch Engelkes Spiel variiert in sehr feinen Nuancen, doch treibt sie durch verschiedene Tage, mal legt sie Wäsche zusammen, mal ist sie in einer Aerobic-Stunde, arrangiert Schnittblumen, sitzt nachdenklich auf einem Sofa und monologisiert lakonisch die unterschiedlichen Lebensgeschichten und Gedanken der Frauen. Etwa jener jungen Frau, die nach der Geburt ihrer Zwillinge schnell wieder in dem elterlichen Betrieb arbeitete, oder einer anderen, die bei einem One-Night-Stand schwanger wurde und dann die Vorzüge als Alleinerziehende inklusiver kinderfreier Wochen und Wochenenden hervorhebt. Da ist ein Paar, das wegen Kinderlosigkeit ein kleines Mädchen adoptiert – die Frau wird wenige Wochen später doch noch schwanger. Und da ist die dreifache Mutter und Lehrerin, die ihre Familie für eine neue, große Liebe verlässt und leidet. 

Die Filmemacherin Carolin Schmitz (»Schönheit«, »Portraits deutscher Alkoholiker«) findet für diese Geschichten Bilder von Alltagssituationen, die stets von einer gewissen Einsamkeit bestimmt sind und allein von Engelke und ihrer Präsenz gefüllt werden. Grandios gelingt es ihr, die Erzählungen der Frauen nicht nur mit den Mundbewegungen erfahrbar zu machen, sondern mit ihrer ganzen Gestalt. Gebannt schaut man ihr dabei zu. Und doch bleiben die Geschichten dieser Frauen diffus und lassen sich nicht klar voneinander trennen. Der Komplexität und Vielfalt des Mutterseins und vor allem den Geschichten der Frauen wird der Film damit nicht wirklich gerecht.

Meinung zum Thema

Kommentare

Ich fand den Film Mutter langweilig und man konnte die unterschiedlichen Frauen schlecht auseinander halten.

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt