Kritik zu Marianengraben

© Alamode Film

2024
Original-Titel: 
Marianengraben
Filmstart in Deutschland: 
07.11.2024
L: 
88 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Edgar Selge und Luna Wedler überzeugen als ungleiches Paar in einem soliden Roadmovie über Trauer, Trost, Verlust und Schuld

Bewertung: 3
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Hinter den schroffsten Menschen stecken oft die größten Romantiker, die noch dazu hinter der Ruppigkeit ihre tiefe Verletzlichkeit verbergen. Treffen zwei davon, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, aufeinander, gibt es anfänglich viel Ablehnung und Streit, irgendwann aber größte Nähe und tiefes Vertrauen. Dieses Schemas bediente sich Jasmin Schreiber in ihrem Bestseller »Marianengraben«. Sehr ähnlich inszeniert Eileen Byrne den Roman in ihrem gleichnamigen Spielfilmdebüt: solide, metaphernreich, am Ende aber doch berührend, tröstlich und mit einem überzeugenden Cast: Edgar Selge und Luna Wedler.

Es beginnt mit einer traumhaften Szene, in der eine Frauenstimme einem Jungen in einem von bläulichen Lichtspielen sanft erleuchteten Zimmer Gute Nacht sagt. Anschließend wird es skurril: Eine junge Frau steht mitten in der Nacht vor einem Grab, eine mit Schleife umwickelte Taucherbrille in der Hand. Als der Strahl einer Taschenlampe sie einfängt, springt sie hektisch auf, wirft das Grablicht um und will wegrennen. Da steht auch schon ein kauziger Mann vor ihr und bittet sie, ihr beim Ausgraben der Urne seiner Ex-Frau zu helfen. Es schließt sich eine abenteuerliche Flucht über die Friedhofsmauer an, bei der die Asche aus der Urne über die junge Frau rieselt, gefolgt von einer Flucht in einem in die Jahre gekommenen Wohnmobil. Dort versucht der Mann erst mal, die Asche mit einem Handstaubsauger von der Kleidung der jungen Frau wieder einzusammeln.

Es ist der groteske Beginn des mit Absurditäten gespickten Roadmovies, in dem sich das ungleiche Duo Helmut (Selge) und Paula (Wedler) seiner Trauer stellt. Helmut will die Urne im Garten seines Häuschens in Südtirol begraben, Paula will nach Triest, wo ihr kleiner Bruder vor einiger Zeit ertrunken ist. Sie fühlt sich schuldig und will ihm an seinem Geburtstag nah sein. Helmut ist noch über einen weiteren Verlust nicht hinweggekommen und trägt neben der Trauer auch eine Schuld in sich.

Auf dem Weg nach Norditalien kreuzen die seltsamsten Gestalten ihren Weg: Mal sind es Nacktwanderer, mal österreichische Grenzbeamte, mal ist es ein einsames Huhn. Fast idyllisch mutet diese Reise an, wenn die beiden an einem frühen Frühlingstag ihre Zelte an einem See aufschlagen, Wein trinken, Pasta essen und sich einen Joint teilen – aus medizinischen Gründen. Helmut ist schwer krebskrank. Viel Zeit nehmen sich Byrne und ihre Kamerafrau Petra Korner für lange Einstellungen der Natur und der Gesichter. Das macht die Emotionen, die Atmosphäre oft schmerzhaft spürbar. Die Metapher mit dem Wasser strapaziert Byrne ebenso wie die Romanvorlage etwas über. Auch so mancher Sinnspruch wäre verzichtbar gewesen und lädt die Geschichte unnötig anrührend auf, ganz zu schweigen von arg konstruierten Parallelen zwischen Helmut und Paula.

Und doch folgt man diesen beiden ungleichen Menschen gern und lässt sich mit ihnen in die Trauer und die langsam aufkeimende Hoffnung und den Trost mitnehmen.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt