Kritik zu Love Sarah

© Weltkino

2020
Original-Titel: 
Love Sarah
Filmstart in Deutschland: 
10.09.2020
L: 
98 Min
FSK: 
keine Beschränkung

In ihrem Spielfilmdebüt setzt Eliza Schroeder vor allem Notting Hill und feinste Törtchen pittoresk in Szene – der Story allerdings fehlt die Tiefe

Bewertung: 2
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Die Sinnlichkeit und Verführungskunst feinster Süßwaren ist spätestens mit »Chocolat« 2000 auf den großen Kinoleinwänden angekommen. Nur ein Jahr später zelebrierten Regisseurin Sandra Nettelbeck und Schauspielerin Martina Gedeck in »Bella Martha« die Küche als Ort der Emotionen und Selbstfindung. Nun also hat die deutsche Regisseurin Eliza Schroeder das Sujet entdeckt: eine kleine, feine Confiserie im malerischen Notting Hill als Schmelztiegel der Emotionen, Zentrum der Trauerbewältigung und Läuterung – übergossen mit reichlich Zuckerguss und garniert mit Sahnehäubchen.

Unbeschwert und leicht geht es dann auch los in diesem Wohlfühl-Liebes-Komödien-Drama: Eine Frau radelt zielstrebig durch London, doch ein Unglück naht, so ist unmissverständlich zu erahnen. In den nächsten Szenen wird dann klar: Auf dem Weg zu einem Ladenlokal und der Besiegelung des Mietvertrages stürzt die Frau tödlich. Ihre 19-jährige Tochter Clarissa (Shannon Tarbet) ist gerade von ihrem Freund verlassen worden, daher wohnungs- und dann auch joblos. Also verbringt sie einige Nächte in den heruntergekommenen Räumen, wild entschlossen, die Konditorei anstatt ihrer Mutter Sarah zu eröffnen. »Sie hätte es so gewollt«, lautet die banale Begründung. Clarissa gewinnt dafür nach Zögern auch deren Freundin Isabella (Shelley Conn) und ihre Großmutter Mimi als ebenso tatkräftige wie finanzielle Unterstützerin. Irgendwann taucht mit Matthew (Rupert Penry-Jones) ein ehemaliger Liebhaber der Mutter und geläuterter Frauenheld auf, der aus zunächst unerfindlichen Gründen als gefeuerter Sternekoch in dem Törtchen-Start-up einsteigen will. Dass er noch ganz andere Motive hat, wird erst später klar. Die Kunden bleiben zunächst aus, weil es reichlich ähnliche Läden in der Umgebung gibt – bis die drei Frauen auf die Idee kommen, internationale Leckereien anzubieten, um den vielen Einwanderern des Viertels eine »Heimat fernab der Heimat« zu geben.

Die Liebe zu ihrer Wahlheimat London im Allgemeinen und Notting Hill im Besonderen versucht die Regisseurin, die bisher vor allem in der Werbung arbeitete, erst gar nicht zu verbergen, die zu stilvoll arrangierten Süßwaren auch nicht – Starkoch Yotam Ottolenghi steuert diese bei. Die Geschichte allerdings bleibt dabei komplett auf der Strecke. Warum die von Celia Imrie großartig knarzig dargestellte Mimi einst Akrobatin war und die Enkelin sie daran erinnern muss, um sie für das Vorhaben zu gewinnen, bleibt im Dunkeln. Ebenso wie das angedeutete schwierige Verhältnis von Mimi zu ihrer verstorbenen Tochter Sarah. Die Trauer, die die drei Frauen mit ihrem Aktionismus zu bewältigen versuchen, bleibt irritierend blass. Stattdessen übertünchen Schokomousse, karamellisierte Zuckerblättchen und Beerenarrangements jede Tiefe. So bleibt ein luftig-leichtes Werbefilmchen für Notting Hill, Multikulti und feinste Süßspeisen aus aller Welt – seltsam irgendwie in Zeiten von Brexit, zunehmendem Fremdenhass und sich ausbreitender Überzuckerung der Menschen.

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