Kritik zu Let's Make Money

© Delphi Filmverleih

2008
Original-Titel: 
Let's Make Money
Filmstart in Deutschland: 
30.10.2008
L: 
110 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Mit »We feed the World« schuf Erwin Wagenhofer einen der erfolgreichsten Dokumentarfilme des Jahres 2005. Damals ging es um die globalen Verstrickungen von Nahrung und Ökonomie. in seinem neuen Film verschiebt er die Perspektive vom Esstisch zu den Spareinlagen

Bewertung: 4
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Wir werden ganz direkt angesprochen: Die Bank sagt: »Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten!« Aber wissen wir eigentlich, was unser Geld macht, wenn es bei der Bank liegt? Die Machart ist ähnlich wie beim letzten Film: Mit einem winzigen Zwei-Personen-Team besucht Wagenhofer Menschen in aller Welt und lässt sie vor der Kamera sprechen. Das Budget war diesmal allerdings so groß, dass die Reisen großzügiger zu organisieren waren. Zwölf Schauplätze kommen so zusammen, die wir oft als bewegten Hintergrund der Gespräche aus dem Auto betrachten können: Von Baumwollpfl ückerinnen in Burkina Faso bis zu Mark Mobius, dem weltgrößten Spekulanten in den Emerging Markets der Dritten Welt. Von den Obdachlosen im südindischen Chennai zum Finanzminister eines Off shore-Steuerparadieses. Und dann gibt es den SPDAbgeordneten Hermann Scheer, der als Kommentator den politischen Kontext liefert.

Auch die Geldleute reden Klartext: Der schwerreiche und wegen Konkursbetrug vorbestrafte österreichische Industrielle Mirko Kovats, der in Chennai in eine Fabrik investiert, schwärmt von der dortigen »Rechtssicherheit «. Ein John Perkins, der sich selbst als »economic hit man« der CIA bezeichnet, beschreibt, wie Nationalökonomien durch Schuldendienste in Zwangsabhängigkeit und Ausbeutung gebracht werden. Ein britischer Ökonom referiert aus einem Taxi noch einmal die Grundregeln neoliberaler Deregulierung.

Und der Baumwollexporteur Francis Kologo prangert die Ungerechtigkeit des Weltmarktes an. Richtig neu ist das alles nicht. Schade deshalb, dass die »Geschichten« oft genau dann abbrechen, wenn es konkret und damit auch wirklich erhellend würde. Ein Beispiel? So beeindruckend etwa die Luftaufnahmen von den landschaftszuwuchernden Ferienwohnungskonglomeraten an der Costa del Sol (»Zement-Tsunami«) auch sind: Nicht nur die Autorin würde wohl gern etwas genauer die Mechanismen verstehen, die aus leerstehenden Wohnungen das Geld sprießen lassen.

»Let's Make Money« also, wie mancherorts verkündet, zum Film zur Krise zu erklären, weckt falsche Erwartungen. Wagenhofers Film ist ein anregender Streifzug durch ein buntes Panorama globalisierter Ausbeutungsverhältnisse – nicht mehr und nicht weniger. Und am Ende ruft Scheer zur Organisation gegen das drohende »neue Zeitalter der Barbarei «.

Im Unterschied zu »We Feed the World«, der aus Konkretem Zusammenhänge begreifen ließ, setzt Wagenhofer diesmal auf Empörung statt Aufklärung und bedient sich dabei manchmal auch derber Bildrhetorik: das Deutsche-Bank-Werbe-Plakat (»light up your life«) über indischen Armenhütten. Dass auch der Kern neoliberaler Wertschöpfung in »Let's Make Money« eher als Leerstelle umkreist denn benannt wird, zeigt der Blick auf die aktuelle Weltfinanzkrise. Das Debakel ist ja nicht durch Steuerhinterziehung oder riskante Spekulationen an den Emerging Markets entstanden, sondern im Herzen des internationalen Finanzsystems mit Kreditprogrammen, die auf US-amerikanische und britische Häuslebauer und Konsumenten gezielt haben. Die hier verantwortliche Federal Reserve kommt im Unterschied zur Weltbank im Film nicht vor.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt