Kritik zu Jonas

© Delphi

2011
Original-Titel: 
Jonas - Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin
Filmstart in Deutschland: 
05.01.2012
L: 
106 Min
FSK: 
6

Comedy + Schule + Maskerade = Monotonie². Christian Ulmen versucht sich in dieser »Dokumödie«, die Film und Fernsehen, Fiktion und Realität vermischen will, als netter, aber unfähiger Pennäler

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Wo die Grenze zwischen Realität und Fiktion verläuft, ist im Kino immer wieder eine interessante Frage. Manche Spielfilme sind näher an der Wirklichkeit als andere –
das versteht sich fast genauso von selbst wie die Behauptung, dass manche Dokumentarfilme die Wirklichkeit eher erschaffen als abbilden. Vom ungeschönten Laienspiel an Realschauplätzen (Fiktion) bis zum sprechenden Pinguin aus dem Off (Dokumentation) ist alles drin.

Jonas, eine kleine deutsche Produktion aus dem Hause Boje Buck, bringt ein TV-Element mit ins Spiel und verwischt die Grenzen vollends. Christian Ulmen knüpft mit der Titelrolle lose an die Konzepte seiner frühen Fernseharbeiten an: Der inzwischen 36-Jährige spielt einen halb so alten Mehrfachsitzenbleiber, der auf einer Brandenburger Gesamtschule seine letzte Chance auf einen Abschluss bekommt, die Schulbank aber zunächst nur auf Probe drücken darf. Die Bildungsstätte samt Lehrern und Pennälern, das erklärt ein Titel gleich zu Beginn, sind dabei echt. Wir werden also Zeugen einer Versuchsanordnung, in der Leben und Inszenierung, Alltag und Kintopp, Normalität und Comedy einander so intensiv durchdringen, dass es unmöglich ist zu erkennen, wo der Zufall aufhört und wo die Gestaltung beginnt, was »scripted« ist und was »reality«.

Wissen Ausbilder und Mitschüler, wer sich hinter der pausbäckigen Maske und dem Justin-Bieber-Scheitel verbirgt? Sehen sie sich als Teil einer Story oder wähnen sie sich in einer Doku über einen pädagogischen Sonderfall? Leisten sie etwas vor der Kamera, oder sind sie einfach sie selbst? Und sind die dünnen roten Linien des »Plots« geplant oder entwickeln sie sich spontan?

Das klingt in der Theorie leider bedeutend spannender, als es sich auf der Leinwand darstellt. Lässt man die Meta-Ebene beiseite, sieht Jonas aus wie eine vom Büro ins Klassenzimmer verlegte »Stromberg«-Folge, der unterwegs der Biss abhanden gekommen ist. Ulmen und sein Regisseur Robert Wilde, das ist durchaus nobel, möchten niemanden desavouieren. Weder legen sie den Helden als grotesk-trotteligen Spätpubertierer an (wie etwa Adam Sandler in Billy Madison), noch geben sie das provinzielle Personal um ihn herum der Lächerlichkeit preis. Jonas ist schlichtweg ein undisziplinierter Chaot, der es gut meint, sich aber oft selbst im Wege steht. Alle anderen sind Mitmenschen wie du und ich, ganz nett, aber nicht wirklich kinotauglich.

Genau darin besteht das Problem des Films: Jenseits der ungewöhnlichen Prämisse hat er nur wenig zu bieten. Hat man sich mit der Konstellation erst einmal vertraut gemacht, geschieht kaum noch Neues. Das bisschen Geschichte – Jonas bemüht sich um bessere Noten, gründet eine Band und verliebt sich in die Musiklehrerin – täuscht nicht darüber hinweg, dass es weder eine Backstory noch ausgearbeitete Figuren gibt. Als Halbstünder auf dem kleinen Bildschirm könnte dieser Hybrid aus Fakt und Fake vielleicht funktionieren, auf der großen Leinwand aber ist er weder das eine noch das andere – und als Mischform bloß ein interessant gescheitertes Experiment.

 

 

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