Kritik zu Grenzbock
Dokumentarfilmer Hendrik Löbbert begleitet drei Jäger durch die Wälder Brandenburgs und versucht so, ihren Weltbildern hinter Jägerlatein und Lodenmänteln auf die Spur zu kommen
Der Film hat einen genialen Titel: »Grenzbock« – das lenkt den Fokus auf das unbekannte Tier, das sich über zwei Jagdgebiete hinwegbewegt, aber das weiß der unbeteiligte Zuschauer erst, wenn er die Hälfte des Films gesehen hat. »Grenzbock« klingt erstmal cool, der Film ist es leider nicht. Der Film ist absichtsvoll distanziert, er beobachtet ohne jede Wertung und bleibt auch deshalb eine Haltung schuldig. Dabei ist Jagen eben kein Thema, das jenseits der Ideologie darstellbar ist. Ein Dokumentarfilm täte gut daran, hier Position zu beziehen.
Hendrik Löbbert aber schaut mit der Kamera, die übrigens der Dokumentarfilmer Hajo Schomerus (»Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen«) führt, einfach zu. Bei einem Gespräch zwischen zwei alten Jägern, bei der Vorbereitung auf die Jagd, inklusive Halali, beim Ausweiden eines Wildschweins und der Präsentation des erlegten Wildes. Er fliegt über die Jagdgebiete hinweg und legt einen quasi-poetischen Kommentar darunter. So kommt der Film der mitunter hochneurotischen Persönlichkeit der Jäger genauso wenig nahe wie dem gejagten Wild, weder zeigt er uns stolze Hirsche, flüchtende Rehe noch einen Blattschuss. Die Jagd ist hier ein brüchiges Ritual, deren Sinn nach und nach verloren geht. Immer wieder schaut die Kamera in die Tiefe des Waldes, ohne darin irgendetwas zu finden. Sie blickt den Jägern über die Schulter, ist aber nie da, wo gerade der Schuss fällt. Löbbert zeigt kein qualvoll sterbendes Tier, aber auch keinen geglückten Abschuss. Er hält sich in jeder Hinsicht zurück.
Diese Zurückhaltung aber hat eine merkwürdige Interessenlosigkeit zur Folge, die dem Film nicht gut tut. Die Jagd erscheint hier wie ein automatisierter Ablauf, an dessen Ende nicht die Frage zwischen Leben und Tod steht, sondern die Frage nach der Qualität der Trophäe. Zwischen Jägerlatein und Lodenmänteln bewegen sich diese Männer, nur ganz selten ist auch eine Frau darunter, und reden von Rot-, Dam- und Schwarzwild, von wachsenden Populationen und den Problemen, die damit einhergehen, als ginge es um die Flüchtlingsdebatte. Löbbert und sein Kameramann zeigen den Kosmos der Jäger und ihre Liebe für Traditionen, die heute, Sicherheit macht’s nötig, in orangefarbenen Westen stecken. Die Natur könnte auch für sich selbst sorgen, würde der Mensch sie nur lassen. Schließlich hat sie ja auch die Rückkehr des Wolfes in die brandenburgischen Wälder zugelassen. Sehen tut man ihn allerdings nicht. Die Jäger leiden unter den immer strenger werdenden Vorschriften. Der Wolf und das Wild profitieren davon. Auf wessen Seite man steht, muss man auch nach diesem Film noch ganz alleine entscheiden. Am Schluß hat man wenig gesehen und nichts dazugelernt. Mehr wäre hier eindeutig mehr gewesen.
Kommentare
"Auf wessen Seite man steht,
"Auf wessen Seite man steht, muss man auch nach diesem Film noch ganz alleine entscheiden."
Das hat der Kritiker offensichtlich getan, womöglich aber auch schon, bevor er den Film angesehen hat.
Ist es nicht Sinn eines Dokumentarfilms, zu dokumentieren, und nicht zu werten? Eigene Meinung des Autors am Ende, ja, aber Anlegen des Films und Auswählen der Szenen zum Thema nach der Grundhaltung des Autors?
Vielleicht ist Jagd ja so unaufgeregt wie der Film und mancher sucht bloß verzweifelt nach einem Aufreger dabei.
Meinung selbst bilden
Habe die Doku eben auf rbb gesehen und fand sie sehr gut, gerade weil sie ohne Wertung daherkommt und nicht den erhobenen Zeigfinger hochhält.
Die Anhängsel des linken Mainstream brauchen eben immer eine Vorgabe, was sie zu denken haben. Und wenn es um etwas traditionelles wie das Jagen geht, kann es nur negativ sein. Der Autor will gern qualvoll sterbendes Wild sehen und Wertung haben.
Also etwas, was seine Meinung nur bestätigt. Eine wertlose Kritik.
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