Kritik zu Ein Freitag in Barcelona
Sechs Episoden, acht Männer und vier Frauen: der katalanische Regisseur Cesc Gay (En la ciudad) leuchtet das Gefühls- und Beziehungsleben der Ü-40-Generation im heutigen Barcelona aus
Den besten und auch heute noch gültigen Film über Männer in der Midlife-Krise hat John Cassavetes 1970 mit Ehemänner gedreht. Seitdem hat sich im Geschlechterverhältnis einiges geändert. Auch in Katalonien musste der Machismo Haare lassen. Höchste Zeit also, sich einmal auf sich selbst zu besinnen, dachte auch Regisseur Cesc Gay – und schrieb und inszenierte eine Komödie, die mit acht männlichen Hauptfiguren in insgesamt sechs Episoden um Kerle in den sogenannten besten Jahren kreist. Genauer gesagt: um ihr Gefühls- und Beziehungsleben. Dabei siedelt Gay seine Figuren in der bürgerlichen Mittelschicht von Barcelona an. Die soziale Zuordnung lässt sich aus Habitus und Lebensumständen der Dargestellten schließen, die Arbeitswelt selbst bleibt (bis auf eine markante Ausnahme) ausgeblendet.
Sechs Episoden, acht Männer und vier Frauen, die ihnen an Charme und Ausstrahlung selbstverständlich meilenweit überlegen sind und sein sollen. Die Begegnungen sind flüchtig, mal hat man sich zufällig in der Stadt getroffen, mal begegnet sich ein länger getrenntes Paar bei der Kindesübergabe, einer der Männer macht bei einer Betriebsfeier eine Bürokollegin dümmlich an. Doch jedes Mal entwickelt sich aus der Begegnung zwischen Tür und Angel ungewollt ein ausuferndes Gespräch. Einen durchgehenden Plot gibt es nicht, nicht einmal (bis auf den Schluss) eine Verflechtung der einzelnen Episoden, die jeweils Aspekte gekränkten männlichen Selbstgefühls beleuchten.
Es sind Standardsituationen amourösen Verhaltens, die in Echtzeit dialogisch vergegenwärtigt werden. Es geht ums Fremdgehen und Gehörntwerden, Trennung und Annäherung, Begehren und Sex. Die Typen sind fein gezeichnet und mit der Crème de la Crème spanischer Schaupielkunst besetzt – oft gegen den Strich wie etwa Javier Cámara (bekannt aus Almodóvars Sprich mit ihr) als leicht verspießerter Softie oder Eduardo Noriega (Öffne die Augen) als verklemmt-lüsterner Psychopath.
Abgesehen von den großartigen Schauspielern und flott geschriebenen Dialogen gibt es keine größeren filmischen Attraktionen, besonders die Kamera agiert meist konventionell in Schuss-Gegenschuss-Manier. So könnte man Ein Freitag in Barcelona gut für verfilmtes Theater halten. Für nicht Spanisch Sprechende ist die Dialoglastigkeit ein Handicap, das vor allem den Humor schwerer zugänglich macht. Auch die immer noch stark kulturell geprägten Geschlechterbilder dürften den Transfer des Films erschweren, eröffnen aber auch den ebenso irritierenden wie faszinierenden Blick in eine fremde Welt. »Warum hat uns niemand gesagt, dass es mal so kommt«, sagt einer der Männer zu Anfang, und man weiß nicht so genau, was er damit – jenseits von Selbstmitleid – meint. Es fehlen die pointierte Schlagfertigkeit und die ironische Distanz, mit der Woody Allen ähnliche Regungen zur Selbsterkenntis produktiv machen würde. Stattdessen redet man eine Viertelstunde lang über erektile Dysfunktion. Aber das können wir Frauen vielleicht wirklich nicht verstehen.
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