Kritik zu Edge of Love – Was von der Liebe bleibt
London steht unter Beschuss. Währenddessen treffen vier Menschen aufeinander und bespielen das Schlachtfeld des Krieges mit den Mitteln der Liebe
Von Beginn an liegt ein falscher Ton über diesem Film in der Regie von John Maybury. Das liegt nicht nur an Keira Knightley als Sängerin Vera Phillips, die mit ätherischem Stimmchen in einem zum Luftschutzkeller umfunktionierten U-Bahn-Schacht Londons Aufbauendes zum Besten gibt. So künstlich wie der blaue Himmel mit Palmen im Hintergrund der Bühne, die rote Stoffblume im brünetten Haar und die Hawaii-Girlande um ihren Hals wirkt die Erscheinung der Sängerin selbst. Die Kamera saugt sich im Close-up fest an ihrem Gesicht, den blutrot geschminkten Lippen und schneeweiß blitzenden Zähnen. Maybury schneidet geschickt gegen das artifiziell überhöhte Szenario: mit Bildern einer Stadt in Flammen, zerstörten Häusern und Überlebenden.
Diese dramaturgische Theatralik behalten der Regisseur und seine Cutterin Emma E. Hickox bei. Die Lovestory zwischen Dylan Thomas, seiner Jugendliebe Vera Phillips, der Ehefrau Caitlin Thomas und dem Gatten Phillips' wird mit Aufnahmen von Kriegsschauplätzen – Ruinen, Bombenangriffen, Kampfszenen – pittoresk geschmückt. Als Camouflage eines Bohemelebens entwickelt sich der Plot. Die Sängerin trifft nach einem Auftritt ihren alten Freund, den walisischen Dichter Dylan Thomas (Matthew Rhys), wieder. Er flirtet mit ihr und schnorrt sie an. Einige Tage später führt er bei einem Wiedersehen seine Gattin (Sienna Miller) vor. Die selbstbewusste Vera ist enttäuscht, dass er bereits vergeben ist, und liefert sich mit der aufreizenden Blondine ein Wortduell, das in Sympathie mündet.
Bevorzugt aus der Vogelperspektive gönnt der Film seinen Protagonisten ermüdende Szenen zwischen zerwühlten Laken. Das mittellose Ehepaar nistet sich bei Vera ein. Der Poet tut, was er kann: Er dichtet, trinkt und verführt. Seine Frau Caitlin kommt Vera näher, hopst mit ihr auf Betten und albert rum, wie Freundinnen es in Filmen zu tun pflegen, offensichtlich auch in Kriegszeiten. Die Dialoge sind ein Graus, in ihrem Tonfall und der penetranten Betonung der Satzenden vielleicht der Synchronisierung geschuldet. Mehr noch stört die stereotype Inszenierung von Weiblichkeit: fragmentarisch, des Öfteren wird kopflos auf Beine, Schuhe und wehenden Stoff gezoomt, oder die sorgsam drapierte Garderobe am wohlgeformten Leib – Dessous und Kostüm in der City, Gummistiefel zum Blümchenkleid auf dem Land.
Die Verbindung zwischen den Frauen, mit deren rivalisierender Zuneigung die Kamera ausufernd spielt, kennt in ihrer erotischen Beziehung zu den Männern kein Pendant. Der Vierte im Bunde, William Killick (Cillian Murphy), ringt Vera das Jawort ab. Kurz danach muss er als Soldat an die Front. Das Trio zieht aufs Land, wo es das Hippieleben fortführt und die Frauen an ihre Grenzen gelangen. Der Showdown, in dessen Folge Freundschaften verraten werden, lässt den Zuschauer aus einem Mangel an Leidenschaft und Mitgefühl für diese pompös inszenierte, aber sturzlangweilig dargestellte Amour fou nahezu unberührt.
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