Kritik zu Die Vampirschwestern
Provinzielle deutsche Befindlichkeit aus der Sicht einer integrationswilligen Vampirfamilie: Wolfgang Groos (»Rennschwein Rudi Rüssel«) hat einen Roman der Jugendbuchautorin Franziska Gehm verfilmt
Im Zuge des Vampir-Hypes der letzten Jahre schrieb Franziska Gehm ihre Bestsellerreihe »Die Vampirschwestern«. Bei Büchern mit einem derart populären Thema ist deren Verfilmung eine logische Konsequenz. Das Bedürfnis nach Vampirgeschichten ist offensichtlich seit des ersten »Twilight«-Romans ungebrochen und den Variationen dieses Genres sind erkennbar keine Grenzen gesetzt. So sind uns die Blutsauger schon fast ans Herz gewachsen, denn sie sind nicht zwangsläufig gefährlich für den Menschen, sondern können auch in Form einer sehr sympathischen Spezies unseren Kosmos bereichern. Mit solch ungefährlicher Variante spielt auch der Film Die Vampirschwestern. Die Zwillinge Dakaria und Silvania sind halb Vampir und halb Mensch. Bis zu ihrem zwölften Lebensjahr lebten sie unterirdisch in Transsylvanien, aber nun möchte ihre Menschenmutter in der deutschen Heimat einen Designerladen eröffnen und so wechselt die Familie in das beschauliche Städtchen Bindburg. Der Vampirvater hat zum Glück kein Problem mit dem Tageslicht, geht aber doch lieber nachts seiner Arbeit nach und schläft dann tagsüber im Sarg. Die Schwestern sehen sich nun ganz neuen Herausforderungen gegenüber. Die Eingewöhnung in die neue Umgebung bedeutet unter anderem, dass sie tagsüber nicht fliegen oder magische heiße Blicke versprü- hen können. Und während Dakaria lieber ganz Vampirin wäre, wünscht sich Silvania sehnlichst, vollkommen Mensch zu sein. Ein Zauberer wird gefunden – herrlich schräg Richy Müller – der verspricht, den Tauschwunsch in Erfüllung gehen zu lassen, als das schiefgeht, ist das Chaos allerdings komplett.
Neben all den mehr oder weniger bekannten Fantasy-Versatzstücken, versucht der Film auch eine Botschaft zu vermitteln. »Ich bin ich – auf meine Weise«, proklamiert der Titelsong des Films. Denn nicht nur die Zwillinge haben ein »Problem«, sondern auch der ein oder andere Schüler in der Klasse ist anders als alle anderen. Jule ist fast taub und benötigt zwei Hörgeräte, traut sich aber nicht, das zuzugeben. Den nerdigen Ludo, Enkel des Zauberers, plagen häufig dunkle Vorahnungen, die sich zu allem Überfluss dann auch noch bewahrheiten.
Erzählten frühere Vampirgeschichten vom Kampf gegen die Blutsauger, schafft es Grehm, das Unheimliche in den geordneten Alltag zu integrieren und – ganz dem überall beschworenen Inklusionsgedanken gerecht werdend – festzustellen, dass sie unter uns sind, die etwas anderen, die nicht in das bürgerliche Klischee passen. Das »Böse«, gegen das man nun kämpfen muss, tritt im Film in Form des spießigen Nachbarn auf, der die Eindringlinge nach allen Regeln der Kunst erledigen will. Leider überzeichnet Regisseur Wolfgang Groos diese Figur derart, dass sie aus der sonst gelungenen Anmutung des Films herausfällt. Aus der Sicht der integrationswilligen Vampirfamilie beobachten wir erstaunt die provinzielle deutsche Befindlichkeit und deren ästhetische Vorlieben. Die Korrektheit gezirkelter Vorgärten und die strengen Regeln in der Schule treten umso deutlicher hervor und lassen tief in den kleinbürgerlichen Mief blicken
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