Kritik zu Die Kunst zu gewinnen – Moneyball

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Brad Pitt glänzt als Baseballmanager, der dank neuartiger Methoden einen kleinen Verein zum großen Erfolg führt

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In den USA genießt keine andere Sportart eine ähnlich kultische, quasireligiöse Verehrung wie der Baseball. Kein Wunder, dass Fans und Fachleute die Köpfe schütteln, als Anfang des Jahrtausends ein Teammanager beschließt, die althergebrachten Methoden von Rekrutierung und Evaluierung über Bord zu werfen. Nicht die klassischen, »weichen«´Kriterien wie Technik, Charakter und Image sollten den Ausschlag geben, sondern »harte« Statistiken, die ein Computerprogramm anhand komplexer Auswertungen ermittelt. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob einer »richtig« werfen oder schlagen kann und ob die Scouts ihn für einen tollen Pitcher oder Batter halten. Nur die Ergebnisse zählen, Fakten und Durchschnittswerte – gemäß der Devise: Punkte kann man kaufen, und die Kunst zu gewinnen besteht vor allem darin, möglichst wenig dafür zu bezahlen.

Mit dieser Strategie gelang es den Oakland Athletics im Sommer 2002 trotz eines bescheidenen Etats ganz oben mitzuspielen und eine unerhörte Rekordserie von zwanzig Siegen in Folge hinzulegen. Der Autor Michael Lewis schrieb ein Buch darüber, »Moneyball: The Art of Winning an Unfair Game«, und Hollywood beweist nun wieder einmal, dass in Sachbüchern die besten Geschichten stecken können. Einerseits schildert Moneyball eine ganz gewöhnliche David-gegen-Goliath- Story, den schier unglaublichen Triumph des Underdogs, der sich am eigenen Schopf aus den tiefsten Niederungen zieht und gegen alle Widerstände die höchsten Höhen erreicht, und sei es für einen kleinen, glorreichen Moment. Dem Drehbuch von Steven Zaillian und Aaron Sorkin und der Regie von Bennett Miller (Capote) gelingt es andererseits, diese Geschichte so neu und ungewöhnlich zu erzählen, dass man sich nie in einem typischen Sportfilm wähnt. Nicht um die große Bühne geht es ihnen, sondern um die Inszenierung dahinter; nicht um die speziellen Gesetze des Baseballs, sondern um die universelleren Regeln eines Spiels, das Ökonomie heißt.

Billy Beane, hinreißend dickschädelig verkörpert von Brad Pitt, erweist sich im Lauf der Geschichte als Manager, der gegen alle äußeren Widerstände (herrlich: Philip Seymour Hoffman als störrisch-unbelehrbarer Coach) seine Vision nicht nur zu entwickeln, sondern auch durchzusetzen weiß. Lose eingestreute Rückblenden charakterisieren ihn als ehemaligen Profispieler, dem nie so recht der Durchbruch gelingen wollte; seine Beharrlichkeit rührt selbstverständlich von dieser unerfüllten Karriere her. Und fast genauso zwangsläufig hat er eine gescheiterte Ehe hinter sich, aus der der einzige Mensch hervorgegangen ist, der ihn wenigstens vorübergehend aus seiner hermetischen Baseball-Blase herauszuholen vermag: seine halbwüchsige Tochter. Ansonsten ist er ein Getriebener, so versessen aufs Spiel, dass er es paradoxerweise nicht live mitzuerleben vermag.

Beane durchschaut früh, dass die einzige Chance der Oakland A’s darin besteht, mit den herkömmlichen Managementmethoden zu brechen. Doch erst als er bei einem Transfergesprächden jungen Peter Brand (Jonah Hill) entdeckt und vom Fleck weg verpflichtet, bekommt er das unkonventionelle Rüstzeug an die Hand geliefert, nach dem er gesucht hat. Brand, ein nerdiger Wirtschaftswissenschaftler, den einer der alten Scouts abfällig »Google Boy« nennt, revolutioniert mit seiner eigenwilligen Arithmetik die Art und Weise, wie Profisport gedacht und gemacht wird. Er entdeckt Qualitäten in Spielern, die sonst kein Radarsystem erfasst. Natürlich haben die Kritiker recht: Beane und Brand verkaufen die Seele des Sports an eine Tabellensoftware, sie casten mit dem Rechenschieber und lassen die Ratio regieren, wo zuvor die Emotionalität herrschte. Dass darin eine gewisse Ambivalenz, wenn nicht gar Tragik steckt, verschweigt Moneyball keineswegs. Zugleich wird deutlich, dass Billy Beane keine andere Wahl hat: Dass System kann er nur schlagen, indem er dessen Schwächen gnadenlos ausnutzt.

Die Konsequenz daraus deutet der Film in seinem Epilog an: Die großen Vereine haben die Methoden des kleinen Clubs von der Westküste umgehend adaptiert und somit die Verhältnisse, die einer wie Beane mit seinem Mut zur Innovation kurzzeitig zum Tanzen brachte, ganz schnell wieder normalisiert.

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