Kritik zu Die Böhms – Architektur einer Familie
Maurizius Staerkle-Drux porträtiert die Kölner Archtiektendynastie der Böhms, deren Väter und Söhne über mehrere Generationen das öffentliche Bauen prägten
Der Kölner Architekt Gottfried Böhm wurde 1986 als bisher einziger Deutscher mit dem Pritzker-Preis geehrt. Bekannt wurde er unter anderem durch die sogenannte »hängende Gewebedecke« und expressionistisch anmutende Betonkonstruktionen, die er für viele Sakralbauten besonders im Rheinland entwarf. Nach dem Ende des Nachkriegskirchenbaubooms plante er dann auch Rathäuser, Siedlungen und andere öffentliche Gebäude. Berühmtester Böhm-Bau ist die 1968 gebaute katholische Wallfahrtskirche »Maria, Königin des Friedens« im heutigen Velbert-Neviges.
Böhm ist aber auch Glied einer Architektendynastie: Schon der Großvater war Baumeister, Vater Dominikus ebenfalls dem Kirchenbau verpflichtet; die Söhne Stephan, Peter und Paul (Letzterer auch Planer der umstrittenen Moschee in Köln-Ehrenfeld) führen das Büro im Villenviertel Marienburg fort, wo auch der heute 95-jährige Patriarch noch mit dem Bleistift Städtevisionen aufs Papier zeichnet. Es gibt Konkurrenz untereinander um Aufträge und die väterliche Gunst. Und über allem thront der Geist der von Vater und Söhnen verehrten Ehefrau und Mutter, die – selbst diplomierte Architektin – die eigene Laufbahn der Kindererziehung opferte und nur als Helferin im Hintergrund an der Karriere des Gatten mitstricken durfte.
Diese Geschichte des Verzichts ist – auch durch Elisabeths Tod während der Dreharbeiten – das emotionale Zentrum des Films, gibt mit der Ikonisierung der Mutterfigur durch alle Beteiligten aber auch ein mulmiges Gefühl. An anderen Stellen des Films münden die Familienbeziehungen dafür seltsam im Dunkeln. So lässt sich etwa die entsprechende Rollenverteilung in den Familien der jüngeren Architektenbrüder nur aus einer einzigen von Paul Böhm bei einer Familienfeier eher scherzhaft hingeworfenen Bemerkung erahnen. Ihre Ehefrauen selbst und andere Familienmitglieder (wenn es sie denn geben mag) bleiben den ganzen Film über stumm und werden nur kurz bei Familienfeiern sichtbar. An der im Titel postulierten »Architektur einer Familie« fehlen da doch wesentliche Elemente.
Es gibt starke Szenen, etwa wie Gottfried tief gebückt durch den verschneiten Garten des frisch verwaisten Familiensitzes stapft. Doch zu oft flüchtet sich die Montage in klischiert überhöhende Symbolbilder. Dabei bewegt sich der aus beobachtenden Teilen und Interviews mit Vater und Söhnen bestehende Film des jungen Filmemachers Maurizius Staerkle-Drux neben den Räumen der Bürogemeinschaft auch für kurze Abstecher an Sehnsuchtsorte wie Paris (als romantische Reminiszenz) oder China (als erhoffter Auftraggeber neuer Bauprojekte).
Ganz anders als etwa Harun Farockis Sauerbruch Hutton Architekten klammert Die Böhms Einblicke in die geschäftlichen Hintergründe des Berufs weitgehend aus der Beobachtung aus. Auch bestehende Konflikte mit Auftraggebern werden nur flüchtig angerissen. So bleibt der Film ein im Ansatz interessantes, aber enttäuschend unscharfes Gruppenbild aus dem patriarchal geprägten deutschen Bildungsbürgertum. Und es überrascht nicht, dass der Filmemacher laut Presseheft zum weiteren Freundeskreis der Böhm-Familie zählt.
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