Kritik zu The Chinese Lives of Uli Sigg
Michael Schindhelm porträtiert den Schweizer Geschäftsmann Uli Sigg, der 1979 als Manager nach Peking kam und sich seitdem für zeitgenössische chinesische Kunst engagiert
Der Beginn ist klassisch, wunderschön (und am Ende fast satirisch) mit einer langen, von einer Händel-Ouvertüre begleiteten Fahrt über die zentrale Zugangsstraße ins Innere eines barocken Inselschlösschens bei Luzern. Hier wohnt Uli Sigg, der Hauptsujet dieses Films ist und bald in kurzen Statements als Jäger und Sammler, Visionär und Motivator gepriesen wird. Er selbst nennt sich einen Forscher. Sein Sujet: Die zeitgenössische chinesische Kunst, deren – damals noch klandestine – Blüte begann, als der Schweizer Manager 1979 für die Firma Schindler in die Volksrepublik gesandt wurde, um ein mögliches Joint Venture auszuloten. Bald waren die »Beijing Elevator Works« ein Pionier- und Vorzeigeprojekt. Doch Sigg interessierte sich auch für die Kultur des damals noch 18 Flugstunden entfernten Landes. Als er 1995 zum Schweizer Botschafter ernannt wurde, war das die ideale Basis zum Aufbau der weltweit größten Sammlung aktueller chinesischer Kunst. Dabei war eine Intention auch, die oft systemkritischen Arbeiten vor dem Zugriff des Staats zu schützen.
Schon 2008 hatte in einem Dokumentarfilm Michael Schindhelms über die Zusammenarbeit der Architekten Herzog & de Meuron mit Ai Weiwei beim Bau des Pekinger Olympiastadions auch Sigg eine Nebenrolle. Der neue Film ist ein Spin-off, das neben diesen Personen nun auch der derzeitigen Elite chinesischer Künstler einen Auftritt bietet. Alle sind Schützlinge und Freunde von Sigg, dessen Erzählung durch den Film führt.
Schindhelms komplexe Montage nutzt die in großer Fülle gezeigten Kunstwerke klug als Resonanzraum, der die geäußerten Statements kontrapunktisch kommentiert. Auch sonst lässt der Film Widersprüche zu, etwa Ai Weiweis Kritik (zu staatsnah!) an Siggs letztem Plan, über das von einer Hongkonger Behörde geführte »M+«-Museum einen großen Teil seiner Sammlung der chinesischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vielleicht wären die hier lauernden Konflikte Stoff für das nächste Stück von Schindhelm, der sich als ehemaliger Berater für das Projekt gut auskennen dürfte.
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