Kritik zu Brightburn
Als Produzent stellt sich »Guardians of the Galaxy«-Schöpfer James Gunn die Frage, wieso Superhelden nicht auch böse sein dürfen. Leider bleibt er die Antwort schuldig
Besonders clever agiert niemand in diesem Film. Nicht die verschlafenen Gesetzeshüter, die trotz erdrückender Beweislage im Dunkeln tappen. Nicht die Eltern, die das Geheimnis ihres Sohnes kennen und sich sein Verhalten trotzdem unaufhörlich schönreden. Und erst recht nicht der halbwüchsige Protagonist, der jeden blutigen Tatort mit einem selbsterdachten Logo verziert, das aus seinen Initialen besteht. Intelligenz, Logik und innere Schlüssigkeit spielen keine große Rolle für das Personal von »Brightburn«. Zu viel davon würde das wacklige Storygerüst sofort zum Einsturz bringen.
Man weiß nicht so recht, ob Regisseur David Yarovesky (»The Hive«) und Produzent James Gunn (»Guardians of the Galaxy«) einen Spoof im Sinn hatten, eine parodistische Veralberung diverser Superheldenklischees, oder doch ein neues Franchise, das dem weiten Feld der Comicadaptionen eine grimmige Facette hinzufügt. Argumente lassen sich für beide Strategien finden, aber so richtig gelungen ist weder das eine noch das andere. Für eine Trash-Komödie ist »Brightburn« zu hochkarätig besetzt und zu aufwendig inszeniert; der Humor wirkt allenfalls unfreiwillig. Und als düsterer Horrorwiderpart zu »Avengers« & Co. findet das Ganze zu keiner überzeugenden Richtung – unter anderem, weil die Figuren nicht bloß unterbelichtet sind, sondern auch uninteressant.
Die Grundidee hat dennoch einen gewissen Reiz: dass nämlich einer wie Superman nicht als edler Retter auftritt, sondern als sinistrer Missetäter. Wie einst der Kryptonier ist auch Brandon Breyer (Jackson A. Dunn) einst per Raumkapsel ins Farmerland Kansas gekommen und hat mit Tori (Elizabeth Banks) und Kyle (David Denman) zwei liebende Ersatzeltern gefunden. Als 12-Jähriger demonstriert der introvertierte Junge dann sehr spezielle Fähigkeiten: Gäbe es beispielsweise eine Weltmeisterschaft im Rasenmäherweitwurf, er hätte gute Chancen auf den Titel. Wenn er dann ein Auto hochstemmt wie einst der junge Clark Kent, sind die Unterschiede zwischen gutem und bösem Alien allerdings längst deutlich geworden: Brandon nutzt seine Kräfte nicht, um anderen aus der Patsche zu helfen, sondern um seine zunehmend elaborierten Mordfantasien in die Tat umzusetzen.
Obwohl der Film in der Gegenwart spielt, evoziert er mit seinem Retrolook das Horrorkino der siebziger und achtziger Jahre. Damit folgt er keiner inneren Notwendigkeit, sondern vermutlich dem aktuellen Zeitgeist mit seinen Hommagen an Steven Spielberg und Stephen King. Der Name »Brandon Breyer« ist außerdem eine hübsche Alliteration, die gezielt auf »Michael Myers« anspielt. Mit den leeren, später auch mal rot glühenden Augen und seiner kalten, unmotiviert erscheinenden Zerstörungswut wirkt Brandon wie die außerirdische Antwort auf den psychopathischen »Schwarzen Mann« aus »Halloween«. Seine Tötungsarrangements sind noch ausgefeilter, sein Handeln ist aber ähnlich sinnlos. Was dem Film definitiv fehlt, ist eine Laurie Strode.
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