Kritik zu Blutzbrüdaz

© Constantin

Hip-Hop-Klischees: Özgür Yildirim (Chiko) spinnt in seinem Zweitwerk eine Komödie um Deutschlands zweitbekanntesten Rapper Sido herum

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Erfolgreiche Hip-Hop-Musiker haben von Natur aus einen solch überbordend ausgeprägten Geltungsdrang, dass irgendwann der Moment im Leben kommt, wo Bühne oder Studio nicht mehr als Spielwiesen ausreichen: Sie entwerfen Sneaker, überteuerte Freizeitkleidung oder drängen mit Verve auf die Leinwand. Was in den USA längst fester Bestandteil in der Rezeption des medialen Hip-Hop-Kosmos ist (Eminem in 8 Mile, Ice-T in New Jack City oder 50 Cent in Get Rich Or Die Tryin’), nimmt nun auch hierzulande solchscharfe Konturen an, dass man befürchten muss, dass sich ein neues, leider bislang ziemlich eindimensionales Filmgenre etabliert: der ambitioniert gemeinte, aber völlig am Leben vorbei gedrehte Hip-Hop-Film.

Nach Uli Edels Zeiten ändern Dich über Skandalrapper und Bambi-Gewinner Bushido wagt Özgür Yildirim den Versuch eines Gegenmodells und konstruiert eine Komödie rund um Deutschlands zweiterfolgreichsten Rapper Sido, bei der tatsächlich von vorne bis hinten alles vor allem so wirkt: konstruiert. Flache Witze, müde Lacher: »Humor ist eine ziemlich ernsthafte Angelegenheit«, wie Woody Allen einmal sagte. Blutzbrüdaz aber hat keinen Flow, kein Timing und keinen Respekt vor der Ernsthaftigkeit, die zum Komödiengenre nun einmal dazu gehört. »Schatzi, soll ick dir gleich einen blasen?«, fragt die Freundin von Möchtegernrapper Otis (gespielt von Sido). »Nee, mach’ ich gleich selber«, antwortet er Darüber kann man lachen. Oder halt auch nicht.

Schmunzeln muss man häufiger über die billige Malen-nach-Zahlen-Story: Otis und Eddy (der deutsche Hip-Hop-Musiker B-Tight) sind chronisch pleite und träumen von der großen Karriere. Mit geklautem Mikro und geliehenem Equipment nehmen die beiden ein Mixtape auf, das im örtlichen Berliner Kiezplattenladen für Massenandrang sorgt. Über Nacht beißt eine große Plattenfirma an und plötzlich winken Geld, Nutten, Champagner und Koks. Doch zwischen den beiden Stars von morgen entflammt ein Streit über ihre eigentliche Ideologie: Machen wir Underground-Kunst oder leicht verdaulichen Kommerz?

In der gleichen Falle scheint Filmemacher Özgür Yildirim zu stecken: War sein Debütfilm Chiko noch die rohe, blutige und wuchtige Fortsetzung von grandiosen Kleingangster-Genrewerken wie Fatih Akins Kurz und schmerzlos, ist Blutzbrüdaz dagegen blutleer und durchsichtig. Man kann höchstens erahnen, dass es im Subtext vielleicht um Themen wie Männerfreundschaft, künstlerische Verwirklichung oder Großstadtarmut geht, doch Yildirims Figuren sind derart überzeichnet, dass man ihnen schlichtweg nicht glauben mag.

Es bleibt der fade Beigeschmack, dass Blutzbrüdaz primär als PR-Vehikel für Sido taugt, dessen aktuelles Album just erschienen ist und ebenfalls wie der Film heißt. Von der selbst titulierten Selbstironie hat der Film nur in einer Szene etwas: Als Otis frustriert vor dem Fernseher sitzt, sieht er seinen ehemaligen Partner auf MTV, der den Song »Mein Hochhaus« rappt. Eine Anspielung auf »Mein Block«, Sidos ersten Hit. Ein kurzer Moment geballter Kreativität. Der Rest bleibt Klischee.

 

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