Kritik zu Auf den zweiten Blick
Sheri Hagen, in Nigeria geboren und im deutschen Fernsehen als Schauspielerin bekanntgeworden, erzählt in ihrem Regiedebüt von sechs sympathischen Außenseitern im winterlichen Berlin
Winter in Berlin: Es ist nass, kalt, und außerdem sind viele Menschen einsam. Sechs verlorene Seelen, von denen vier obendrein blind sind, rückt die Schauspielerin Sheri Hagen in ihrem ersten Langspielfilm in den Fokus. Da gibt es den netten Taxifahrer Falk, gespielt von Michael Klammer. Der alleinerziehende Vater erklärt einem verständnisvollen Fahrgast, dass er jemanden organisieren muss, der seine erkältete kleine Tochter von der Schule abholt. In der Parallelmontage erzählt der Film von dem blinden Klavierstimmer Pan (Milton Welsh) und von dem ebenfalls sehbehinderten Benjamin (Ingo Naujoks), der seinen Job in der Taxileitzentrale gut macht, obwohl er kleine Männlein halluziniert. Da die Charaktere nicht nur blind, schwul und verrückt sind, sondern teilweise noch einen Migrationshintergrund haben, erscheint diese Ballung auf den ersten Blick tatsächlich wie eine Überdosis.
Dem Titel entsprechend gefällt der Film aber auf den zweiten Blick. Mit präzisen Beobachtungen erzählt die Autorenfilmerin bewegende kleine Geschichten und belebt so die zunächst klischeehaft anmutenden Figuren: Falk ist in die blinde Radiomoderatorin Kay (Anita Olatunji) verliebt, die unversehens in seinem Taxi sitzt. Leider macht er alles falsch, so dass sie in Panik gerät und auf befahrener Kreuzung aussteigt. Er ist zunächst überfordert, lernt aber die Stärke in ihrer Hilflosigkeit verstehen. Ihre nachfolgende Annäherung wirkt daher ebenso glaubhaft wie die zwischen den anderen beiden Paaren. Dank überdurchschnittlicher Darsteller, von denen noch Pierre Sanoussi-Bliss und Nele Rosetz erwähnt werden müssen, sieht man über die nicht ganz so inspirierte Inszenierung und die gelegentlich kalauernden Dialoge hinweg. Ein sympathischer Film über sympathische Außenseiter.
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